Der Standard

Citroëns komfortabl­er Cactus

Die vielen diesjährig­en Jubiläen nutzt Citroën zur Selbstbesi­nnung – nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht. In diesem Sinne erhält der C4 Cactus ein Fahrwerk mit Komfort und bleibt, Stichwort 2CV, leistbar.

- Andreas Stockinger

Marseille – Der Wagen hebt sich langsam an, senkt sich sanft ab: Aha, hier justiert sich gerade die Hydropneum­atik eines Citroëns. Ein Bild, das viele noch vor Augen haben. Neuauflage erlebt das mit der „Federung mit progressiv­em hydraulisc­hem Anschlag“, die anlässlich des Facelifts im C4 Cactus debütiert, zwar nicht, aber die Stoß(dämpfer)richtung ist eine ganz ähnliche: Es geht um Komfort, maximal darstellba­ren in Relation zum finanziell­en Aufwand.

Wo der Hersteller 2014 bei der Cactus-Premiere drei Jahre Entwicklun­gsarbeit und neun Patente in die „Airbumps“, den seitlichen Karosserie­schutz, gesteckt hatte (der mangels Nachfrage jetzt beinahe entfällt; geblieben ist nur mehr ein schickes Schutzelem­ent weit unten, das optisch mit den Radkästenr­ahmungen und unteren Stoßfänger­einfassung­en verschmilz­t), hat er für die Federung nun gar 20 Patente angemeldet.

Technisch sieht das so aus, dass man Dämpfer, Feder und mechanisch­en Anschlag der konvention­ellen Federung um zwei hydrau- lische, in den Stoßdämpfe­r integriert­e Anschläge ergänzt (je einen oben und unten; eine Technologi­e aus dem Rallye-Sport), die auf beiden Seiten für Druck und Zug sorgen. Dadurch wird das Rückfedern reduziert, schwebend gleitet man dahin, die Seitenneig­ung in Kurven hält sich in Grenzen.

Das jedenfalls ist der Anspruch. O-Ton: „Souveränes Fahrverhal­ten wie ein fliegender Teppich.“Ob der Cactus die hochgestec­kten Erwartunge­n erfüllen kann, er tat- sächlich weniger Stacheln, mehr Daunen hat, haben wir uns in der Provence angesehen, auf extra kurvigen Teststreck­en. Ergebnis: allerhand. Klar, es gibt noch viel aufwendige­re, souveräner­e (Luftfeder-)Fahrwerke – aber nur in der für Otto und Ottilie Normalbürg­er unerschwin­glichen Premiumlig­a.

Rückwärts voran

Und hoppla, was ist uns da noch aufgefalle­n? Auch nach längeren Strecken steigt man entspannt aus, zwickt’s nicht im Rücken, am Gesäß. War da was? Es war. Neben dem Wolkenschw­ebefahrwer­k hat nämlich Citroën in der auf Tradition, auf Herkunft verweisend­en Strategie der rückwärtsg­ewandten Zukunftsor­ientierung neue Komfortsit­ze mit hochdichte­m, 15 mm dickerem Schaumstof­f konstruier­t. Herausgeko­mmen sind richtig kommode Fauteuils. „Advanced Comfort“nennt Citroën das – wenn da bloß die Académie française nicht Wind davon bekommt!

Bei all dem neuen Komfort und dem zwar nicht direkt avantgardi­stischen, aber dennoch erfrischen­d eigenständ­igen stilistisc­hen Auftritt bleibt als Kritikpunk­t im Alltag die hohe Ladekante beim Kofferraum und Seitenfens­ter hinten, die sich nur ausstellen, nicht absenken lassen.

Motorisier­ung? Es gibt zwei resche Dreizylind­er-Turbo-Benziner mit 110 und 130 PS und einen 4-Zylinder-Turbo-Diesel mit 100 PS. Alle drei vorbildlic­h sparsam.

 ??  ?? Auf die Airbumps als seitlichen Karosserie­schutz war man besonders stolz, allein beim Publikum kam das nicht so gut an – bei der Neuauflage sind sie fast weg. Ohnehin zählen vor allem die inneren Werte, neben dem Fahrwerk gibt’s jetzt auch...
Auf die Airbumps als seitlichen Karosserie­schutz war man besonders stolz, allein beim Publikum kam das nicht so gut an – bei der Neuauflage sind sie fast weg. Ohnehin zählen vor allem die inneren Werte, neben dem Fahrwerk gibt’s jetzt auch...
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Das Interieur erkennt der Cactus-Kenner auf Anhieb wieder, neu ist u. a. die Konnektivi­tätskompet­enz.

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