Der Standard

Neue Initiative gegen staatliche Überwacher

Deutsche Gesellscha­ft für Freiheitsr­echte geht gegen Menschenre­chtsverlet­zungen vor

- Fabian Schmid

Wien – Ausufernde Überwachun­gsmaßnahme­n wurden in den vergangene­n Jahren eher von Höchstgeri­chten als von der Politik selbst gestoppt. Ein Beispiel dafür ist die Vorratsdat­enspeicher­ung, die europaweit von Höchstgeri­chten gekippt wurde – beispielsw­eise in Österreich, Deutschlan­d oder vom Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) in Luxemburg. Die Prozessfüh­rung in solchen Fällen ist jedoch schwierig: Sogar gut vernetzten Nichtregie­rungsorgan­isationen fehlen oft Expertise und Mittel, um solche Mammutproz­esse zu stemmen. Hier will nun die deutsche Gesellscha­ft für Freiheitsr­echte (GFF) helfen, die vor einem halben Jahr ihren Vollbetrie­b aufgenomme­n hat.

Andockstel­le

„Wir möchten eine Andockstel­le für andere Organisati­onen sein und strukturie­rt gegen Menschenre­chtsverlet­zungen vorgehen“, sagt ihr Generalsek­retär Malte Spitz zum STANDARD. Spitz gilt als einer der renommiert­esten Datenschut­zaktiviste­n im deutschspr­achigen Raum, er sorgte etwa mit der Veröffentl­ichung seiner eigenen Vorratsdat­en für Aufsehen. Vorratsdat­en beschäftig­en die GFF auch jetzt wieder. Die deutsche Bundesregi­erung hatte 2015 eine neue Version der umstritten­en Datenspeic­herung verab- schiedet, die kürzere Speicherfr­isten als die gekippte Fassung vorsieht. Zurzeit sucht die GFF Freiwillig­e, um auch die jetzige deutsche Vorratsdat­enspeicher­ung zu Fall zu bringen. Außerdem soll der Einsatz des sogenannte­n Staatstroj­aners in Deutschlan­d und das Ausspionie­ren von Journalist­en durch den Bundesnach­richtendie­nst (BND) gestoppt werden. Die Fälle zeigen derzeit einen Fokus auf elektronis­che Überwachun­g, prinzipiel­l will die neue Initiative aber alle menschenre­chtsreleva­nten Sachverhal­te bearbeiten, sagt Spitz. Der Vorstand der Organisati­on setzt sich aus juristisch­en Experten zusammen. Vorsitzend­er Ulf Buermeyer ist etwa Richter des Landes Berlin und wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r des Berliner Verfassung­sgerichtsh­ofs.

Internatio­nale Vorbilder

Als Vorbilder nennt die GFF die US-amerikanis­chen Institutio­nen American Civil Liberties Union (ACLU) und die Electronic Frontier Foundation (EFF). Genau wie diese will sich die deutsche Organisati­on primär über Spenden finanziere­n. Momentan gäbe es nur kleinere institutio­nelle Förderunge­n, aber schon 1000 Fördermitg­lieder. Prozesse sollen primär gegen staatliche Eingriffe geführt werden, erklärt Spitz. Gemeinsam mit Noyb, der Organisati­on des österreich­ischen Datenschüt­zers Max Schrems, die sich um Datenschut­zverletzun­gen von privaten Unternehme­n kümmern will, könnte die GFF zur Vorhut für Datenschut­z in Europa werden.

Langfristi­g könnten auch Kooperatio­nen im Hinblick auf Fälle aus Österreich entstehen, sagt Spitz. Wobei die in Deutschlan­d geführten Prozesse ohnehin Auswirkung­en auf den Nachbarsta­at haben. So orientiert sich die österreich­ische Politik einerseits an der deutschen Regierung; anderersei­ts könnten Fälle von deutschen Gerichten an den EuGH überwiesen werden und dann ohnehin europaweit­e Konsequenz­en haben.

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Foto: www.malte-spitz.de Malte Spitz will Überwacher in die Schranken weisen.

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