Der Standard

Ausweitung der Kampfzone

Beim Chess-960-Duell in Norwegen setzten sich Magnus Carlsen und Hikaru Nakamura den Kräften des Zufalls aus und spürten rasch den Sog des Alten. Von ruf & ehn

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In seiner autobiogra­phischen Schrift Erinnerung sprich hat Vladimir Nabokov, selbst passionier­ter Spieler und Problemkom­ponist, Schach einmal als das „Kartograph­ieren gefährlich­er Meere“bezeichnet. Untiefen werden vermessen, Klippen Zug um Zug umschifft, unversehen­s gerät man in schwere Stürme, die jede Ordnung an Deck durcheinan­derwirbeln. Wenn das klassische Schach, das wir in dieser Form seit mehr als 500 Jahren kennen, ein gefährlich­es Meer ist, was ist dann erst Chess 960?

Die Variante wurde vom späten Bobby Fischer in den 90-er Jahren entwickelt. Im Fischersch­ach wird jede Partie mit einer anderen Aufstellun­g der Figuren auf der Grundreihe begonnen, es ergeben sich 960 Möglichkei­ten. Die Aufstellun­g wird vor der Partie ausgelost. Damit wird alle Eröffnungs­theorie außer Kraft gesetzt, vom ersten Zug an setzen sich die Spieler dem Neuen aus und sind statt auf das Abspulen auswendig gelernter Varianten ganz auf ihre Intuition angewiesen. Die Regeln von Chess 960 unterschei­den sich während der Partie nur in einigen wenigen Details (Rochade etc.) von den klassische­n Schachrege­ln.

Im norwegisch­en Høvikodden nahe Oslo wurde mit großem Aufwand ein Chess960-Wettkampf zwischen Magnus Carlsen und Hikaru Nakamura über vier Tage ausgetrage­n. Das Duell kann als inoffiziel­le Weltmeiste­rschaft gelten, als Ort der Inszenieru­ng wurde ein Kunstzentr­um gewählt. Das Preisgeld betrug immerhin 150.000 Euro.

Dass der selbstbewu­sste Amerikaner und der norwegisch­e Weltmeiste­r mit dem absoluten Siegwillen in diesem Leben nicht mehr beste Freunde werden, bot zusätzlich­e Spannung. Zwar verlor Nakamura Wettkämpfe mit den klassische­n Regeln mit regulärer Bedenkzeit und im Blitzmodus gegen Carlsen, aber im Chess 960 sah er sich – bis zu diesem Duell – als zumindest ebenbürtig­er Gegner. Carlsen mag so etwas nicht gerne.

Gespielt wurden 16 Partien mit unterschie­dlichen Zeitvorgab­en und Scores. Bei den ersten acht Partien hatten die Spieler eine Stunde pro Partie zur Verfügung, die restlichen acht wurden im verschärft­en Tempo (zehn Minuten pro Partie plus fünf Sekunden Zugabe pro Zug) absolviert. Ein Sieg bei den langsamen Partien brachte zwei Punkte (Remis ein Punkt), bei den Blitzparti­en erhielten die Gewinner einen Punkt (Remis ein halber Punkt). Erstaunlic­h ist, dass viele Partien trotz bizarrer Eröffnungs­stellung recht rasch in klassische Bahnen mündeten.

Am Ende der ersten Hälfte lag Carlsen deutlich voran und hätte den Wettkampf mit einem Unentschie­den in der achten Partie vorzeitig entscheide­n können. Die Partie zeigte, dass Carlsen auch nur ein Mensch ist. Der Norweger spielte eine amtliche Remisstell­ung – er hätte das Unentschie­den gemäß der 50-Züge-Regel beantragen können – trotz ext- remer Zeitnot so lange weiter auf Gewinn, bis er die Zeit überschrit­t. Nakamura erhielt dadurch eine Chance, das Duell in den anschließe­nden Blitzparti­en noch zu drehen, aber Carlsen erfing sich, blieb souverän und gewann zuletzt recht deutlich mit 14:10 Punkten. Hier die sechste Partie des Wettkampfe­s.

Nakamura – Carlsen Høvikodden 2018 Nachdem die Könige bereits in der Ecke stehen, empfiehlt es sich das Spiel in der Mitte oder am Damenflüge­l zu öffnen. Nach 2... Sb6 3.g3 wäre eine Art Zweispring­erspiel entstanden.

Etwas zu forsch. Besser 8.Kh2.

nehmer Ein unangeVors­toß. Un- klar ist 13.dxc4 bxc4 14.Tf1 Ld7. Auch nach 14.dxc4 Sxc4 15.Lh3 Lxh4 16.Lxd7 Lxe1 17.Lxe8 Dxe8 hat Schwarz Initiative.

Besser war 15.e5. Trotz seines Zentrums laboriert Weiß weiter an der Stellung des Königs.

Noch stärker als 19... Sxd5 20.Sxg3 hxg3 21.Txh8+ Kxh8 22.Txg3 dxe5 23.dxe5.

Ein schönes Bauernopfe­r! Der Turm wird ins Abseits gelenkt.

Nicht 21.Lxb4? Lxf4. Auf 22.Ta5 würde 22… c3 nebst Sc4 folgen.

Weiß muss die Qualität geben, denn auf 23.Ta5 c3! 24.bxc3 folgt wie oben 24… Sc4.

Noch stärker als dieser Durchbruch war 24... Ta8 25.Lxb4 Sxd5 bzw. 25.Sxd6 Dxa2.

27.Lxa6? Sxb1 dxe5 29.dxe5 Lf3 Weiß glatt.

Stellt den Bc3 und damit die Partie ein.

Das ungestüme 30.e6!? Lxd5 31.exf7+ Lxf7 32.Sxd6 Dg4+ 33.Tg2 Dxf4 34.Sxe8 Dxd4+ 35.Kh2 Lxe8 führt zum Gewinn für Schwarz.

Droht

Dg5+. Oder 33.Sxd5 Dxd5 34.Tf2 Th6 und Ende. Sonst folgt h4-h3.

Lxd5

und Nach 28.cxb4 verliert

Ein letzter Verder nicht gelingen

Und schon 0-1 wegen 40.exf6 Txg2+ 41.Kxg2 Dd5 oder 40.Txg6 Txg6+ 41.Dxg6 Dxd4+ 42.Kf1 Df4+ 43.Kg1 Dg3+.

Sxe4 Se3!!1. Vorwoche):( 2749 Lösungen:

 ??  ?? Irgendwie fertig – Carlsen aufgeregt nach seiner erstaunlic­hen Niederlage in der achten Partie gegen Hikaru Nakamura. Am Ende gewann der Weltmeiste­r den Wettkampf deutlich.
Irgendwie fertig – Carlsen aufgeregt nach seiner erstaunlic­hen Niederlage in der achten Partie gegen Hikaru Nakamura. Am Ende gewann der Weltmeiste­r den Wettkampf deutlich.
 ??  ?? 25.bxc3 Sc4 26.Lf1 Sxd2 27.Sxd2
Dc8
25.bxc3 Sc4 26.Lf1 Sxd2 27.Sxd2 Dc8
 ??  ?? 20… b4! 35.Lxe6 fxe6 37.Tg2 Tf8 39.Sf6+
20… b4! 35.Lxe6 fxe6 37.Tg2 Tf8 39.Sf6+
 ??  ?? Dd8
33... Le6 34.Lh3 34... Th6 36.Sg4 Tg6 38.De4 Tf5
Dd8 33... Le6 34.Lh3 34... Th6 36.Sg4 Tg6 38.De4 Tf5
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Db7 39... Tfxf6!
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