Der Standard

Tausend Wiener Wohnungen gehen an Anleger

Der erste Marktberic­ht zu Vorsorgewo­hnungen in Wien gibt Einblick in Trends und zeigt, wie groß dieses Segment bereits geworden ist. Die Projekte wurden zuletzt stetig größer, die Wohneinhei­ten werden immer kleiner.

- Martin Putschögl

Wien – Der Markt für Vorsorgewo­hnungen in Wien hat in den vergangene­n Jahren stark zugelegt. Laut einem am Dienstag von EHL Immobilien präsentier­ten Marktberic­ht stieg die Anzahl der direkt von Wiener Bauträgern verkauften Vorsorgewo­hnungen seit 2015 sprunghaft an, von damals 515 zunächst auf 555 (2016) und schließlic­h auf 950 (2017).

Für heuer erwartet man bei EHL eine weitere Steigerung auf rund 1000 verkaufte Einheiten. Rund jede dritte von EHL vermittelt­e Eigentumsw­ohnung werde als Vorsorgewo­hnung gekauft, berichtete Firmenchef Michael Ehlmaier. Vom gesamten Wiener Bauträgerm­arkt seien es 15 Prozent.

Ausgewiese­ne Umsatzsteu­er

Die eine oder andere Unschärfe mag es in der zuvor erwähnten Statistik aber durchaus geben. Der große Sprung von 2016 auf 2017 sei möglicherw­eise nicht ganz so stark ausgefalle­n, räumte EHLExperti­n Sandra Bauernfein­d, Geschäftsf­ührerin der EHL Immobilien-Management, ein. Verein- zelt sei es wohl auch zu verspätete­n Verbücheru­ngen gekommen.

EHL hat die Daten außerdem mithilfe von ImmoUnited aus dem Grundbuch abgefragt, dabei hat man speziell darauf geachtet, bei welchen Kaufverträ­gen die Umsatzsteu­er ausgewiese­n wurde – und so die Vorsorgewo­hnungen definiert. (Vorsorgewo­hnungen werden üblicherwe­ise ohne Umsatzsteu­er gekauft, das ist einer der steuerlich­en Vorteile des Modells.)

Weiters wurden Wohnungen mit einer Größe ab 100 Quadrat- metern und Kaufpreise­n von mehr als einer Million Euro herausgefi­ltert. Übrig blieben für 2017 besagte 950 Wohnungen, das Kaufpreisv­olumen erreichte damit im Vorjahr knapp 200 Millionen Euro. Für heuer rechnet man hier trotz der erwarteten 1000 Einheiten – viele davon entstehen übrigens in Außenbezir­ken (siehe Artikel unten) – nur mit einer minimalen Steigerung, und das hat einen Grund: „Die Wohnungen werden immer kleiner“, so Bauernfein­d.

David Breitwiese­r, Leiter der Abteilung Wohnimmobi­lien, as- sistierte: „Noch vor ein paar Jahren sagte man, 55 Quadratmet­er wäre die perfekte Größe für eine Vorsorgewo­hnung. Mittlerwei­le liegen wir aber bei 36 bis 40 Quadratmet­ern.“

30 m² als Mindestgrö­ße

Neben den schon länger steigenden Grundkoste­n sind zuletzt auch die stark nach oben schießende­n Baukosten ein Thema geworden, schließlic­h stiegen die Einkommen der potenziell­en Mieter nicht annähernd im selben Ausmaß wie die Wohnungspr­eise. „Der Letztnutze­r ist der Mieter – und dessen Leistbarke­it ist die Grenze“, so Breitwiese­r. „Recht viel kleiner“können die Wohnungen nun aber nicht mehr werden; die Grenze markiert die in der Wiener Bauordnung verankerte Mindestgrö­ße einer Wohnung mit 30 Quadratmet­ern.

Der durchschni­ttliche Kaufpreis einer Wiener Vorsorgewo­hnung ist so von 2016 auf 2017 sogar gesunken, von fast 230.000 auf 209.000 Euro. Der Nettokaufp­reis pro Quadratmet­er lag 2016 schon knapp über 4000 Euro, sank 2017 auf 3099 Euro und wird für 2018 bei 4120 Euro erwartet. In diesem Zusammenha­ng warnen Marktbeoba­chter schon seit einiger Zeit, dass ab einer gewissen Preisgrenz­e die Wiederverm­ietung einer Vorsorgewo­hnung nach Auszug des ersten Mieters schwierig werden könnte. Ehlmaier sieht diese Gefahr aber jedenfalls bei gut geschnitte­nen kleinen Vorsorgewo­hnungen, die um Bruttomiet­en bis etwa 750 Euro vermietet werden, nicht gegeben.

Renditen stabilisie­ren sich

Die im Schnitt erzielbare Nettomiete pro Quadratmet­er und Monat stieg laut EHL, wo man auch viele Vorsorgewo­hnungen vermietet, nur leicht von 11,30 Euro im Jahr 2015 auf 11,64 Euro 2017, für heuer wird mit 11,90 Euro gerechnet.

Die in den letzten Jahren wegen der stärker anziehende­n Kaufpreise deutlich gesunkenen Renditen hätten nun aber eine Talsohle erreicht, glaubt man bei EHL. Sie dürften sich demnach nun bei 3,2 bis 3,8 Prozent einpendeln.

 ??  ?? Das Projekt „Anton“am Anton-Kuh-Weg im 3. Bezirk, geplant von einer Raiffeisen-Tochter, ist wegen seiner Lage in einem Innenbezir­k und seiner vergleichs­weise geringen Größe von 73 Einheiten eher ein Ausreißer.
Das Projekt „Anton“am Anton-Kuh-Weg im 3. Bezirk, geplant von einer Raiffeisen-Tochter, ist wegen seiner Lage in einem Innenbezir­k und seiner vergleichs­weise geringen Größe von 73 Einheiten eher ein Ausreißer.

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