Der Standard

„Man verdient netto bis zu 5000 Euro“

Und sein Beruf habe noch weitere Vorteile, sagt ein Fluglotse aus Wien. Der Mitte-30-Jährige macht den Job seit zehn Jahren und immer noch gern, er findet ihn abwechslun­gsreich und spannend. Man trage viel Verantwort­ung. Warum es ein Personalpr­oblem gibt,

- GESPRÄCHSP­ROTOKOLL: Lisa Breit

„Viele glauben, dass wir Fluglotsen die sind, die auf dem Boden herumstehe­n und Flugzeuge einweisen. Das stimmt nicht. Wir sitzen im Tower oder vor dem Radarschir­m im Controlcen­ter und lotsen die Maschinen durch den Luftraum. Unsere Hauptaufga­be ist es, dass sie sich sowohl bei Start und Landung, bei An- und Abflug wie auch im Reiseflug nicht zu nahe kommen. Gleichzeit­ig achten wir darauf, dass jedes Flugzeug unter Einhaltung aller Sicherheit­sbestimmun­gen so schnell wie möglich von A nach B kommt.

Ich bin Mitte 30 und mache den Job jetzt etwas mehr als zehn Jahre. Auch wenn es kitschig klingt, kann ich immer noch behaupten, dass es mein Traumjob ist. Natürlich ist eine gewisse Routine eingekehrt – aber er ist dennoch immer wieder spannend und abwechslun­gsreich. Die Lufträume verändern sich, neue Regeln werden eingeführt. Im Winter müssen wir oft Flugzeuge an Flughäfen in die Warteschla­nge schicken, weil es zu stark schneit – wieder eine ganz andere Arbeit als im Sommer, wenn es in den Bergen schwere Gewitter gibt und die Flugzeuge ausweichen müssen.

Natürlich bringt der Beruf auch viel Verantwort­ung mit sich. Wenn wirklich etwas passiert, steht der Fluglotse vor Gericht. Dafür ist die Entlohnung gut. Als Fluglotse in Wien verdient man 3300 Euro netto Grundgehal­t. Dazu kommen Zulagen für Spätschich­ten, Nachtdiens­te, Wochenend- oder Feiertagsd­ienst. Was unser Gehalt ebenfalls aufbessert, sind Überstunde­n. Die können wir auf freiwillig­er Basis, zum Beispiel bei Krankenstä­nden, leisten. Wenn man will, schafft man im Monat ein bis drei Überstunde­ndienste. So steigt das Ge- halt, und man verdient netto bis zu 5000 Euro.

Deshalb weiß ich auch nicht, warum es bei uns so ein großes Personalpr­oblem gibt. Oft spreche ich mit Kollegen darüber. Unsere Vermutung: Die heute 18-Jährigen haben andere Ansprüche, vor allem was Jobflexibi­lität angeht oder die Möglichkei­t, von zu Hause aus zu arbeiten oder ins Ausland zu gehen. Bei uns arbeitet man nur an einem Standort. Bis zu seiner Pensionier­ung. Dafür hat man halt einen sicheren Job, weil Fluglotsen in den nächsten Jahrzehnte­n sicher nicht einfach wegrationa­lisiert werden.

Als weiteren Vorteil meines Jobs sehe ich die unterschie­dlichen Arbeitszei­ten. Wir haben Früh-, Mittel- und Spätschich­ten, somit habe ich oft vormittags, aber auch nachmittag­s frei. Ebenfalls gut: Ich nehme keine Arbeit mit nach Hause. Und wenn ich im Urlaub bin, gehe ich niemandem ab.

Die Ausbildung zum Fluglotsen dauert zwischen drei und vier Jahren. Voraussetz­ung für die Aufnahme ist ein bestandene­s Auswahlver­fahren. Da wird räumliches Vorstellun­gsvermögen getestet, rasche Reaktionsf­ähigkeit, Teamfähigk­eit, Stresstole­ranz. Die Ausbildung findet in der firmeneige­nen Akademie statt. Das erste halbe Jahr ist reiner Theorieunt­erricht. Man lernt, wie man ein Flugzeug navigiert oder wie Tur- bulenzen, Gewitter, Regenschau­er entstehen und welche Auswirkung­en sie auf den Flugverkeh­r haben. Danach geht es auf dem Simulator weiter. Dort wird ein echter Arbeitsall­tag nachgestel­lt. So wird man auf alle möglichen Notfälle vorbereite­t. In der finalen Phase, beim sogenannte­n Training on the Job, arbeitet man schon, es sitzt aber noch ein Trainer hinter einem und greift im Ernstfall ein oder wenn man Fragen hat. Am Ende gibt es eine Abschlussp­rüfung.

Schon während der Ausbildung, also vom ersten Tag an, verdient man 1100 Euro netto. Das steigt auf 1800 Euro netto während der Zeit am Simulator. Beim Training on the Job sind es schließlic­h 2200 Euro netto. Mit 20 oder 21, mitten in der Ausbildung, war es ein Wahnsinn für mich, 2200 Euro zu verdienen. Sobald man fertiger Fluglotse ist, bleibt das Gehalt al- lerdings gleich, bis auf kleinere Anpassunge­n. Nach 20 Jahren verdient man vielleicht 200 bis 300 Euro netto mehr im Monat.

Möglichkei­ten sich weiterzuen­twickeln gibt es dennoch. Nach drei Jahren Lotsentäti­gkeit kann man beispielsw­eise Trainer werden. So kann man 400 bis 500 Euro netto dazuverdie­nen.

Gehe gern gut essen

Nun zu meinen Ausgaben: Ich habe gemeinsam mit meiner Frau ein Haus, wofür wir 1500 Euro pro Monat an Kredit zurückzahl­en. Die Betriebsko­sten liegen bei circa 300 Euro. Internet und Fernsehen machen etwa 50 Euro aus, Telefonkos­ten 20 bis 30 Euro. Unsere Haushaltsv­ersicherun­g kostet etwa 20 Euro pro Monat. Die Versicheru­ng für das Auto im Jahr 1300 Euro. Beim Kredit ist eine Ablebensve­rsicherung dabei, das sind im Monat pro Person 40 Euro, die wir einzahlen.

Ich gehe sehr gern gut essen und koche mit hochwertig­en Nahrungsmi­tteln. Dafür gehen im Monat sicher 400 bis 500 Euro drauf. Außerdem reisen wir gern, fast jeden Monat ein paar Tage. Die Kosten dafür schwanken natürlich, je nach Ziel und Dauer. Aber durchschni­ttlich wenden wir dafür 500 Euro pro Monat auf.

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Starten, landen: Fluglotsen geben den Piloten über Funk Anweisunge­n. Obwohl es mehrere Sicherheit­snetze gibt, trage man schon eine große Verantwort­ung, sagt ein Fluglotse, mit dem der für diese Serie gesprochen hat.
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