Der Standard

Ätherische Öle als Verstärker für Antibiotik­a

Medikament auf Naturstoff­basis: Ein Pharmakolo­ge entwickelt das erste rein marokkanis­che Arzneimitt­el

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Wien – Thymian, Oregano, Nelke. Komponente­n der ätherische­n Öle dieser Pflanzen wurden in einem Labor in Marokko zur Grundlage eines Wirkstoffe­s, der sich laut seinem Entwickler im Kampf gegen resistente Krankheits­erreger als maßgeblich­er Fortschrit­t erweisen und Krankheite­n von der Knochenmar­ks- bis zur Hirnhauten­tzündung heilen könnte.

Er habe wirklich viele Pflanzen durchprobi­ert, blickt der Pharmakolo­ge und Molekularb­iologe Adnane Remmal auf seine Laufbahn zurück. Nach seinem Studium in Paris kehrte er in seine Heimat Marokko zurück, um an der Universitä­t Sidi Mohamed Ben Abdellah in Fes zu arbeiten. Das Ziel: Er wollte einen Naturstoff mit der Wirkung eines Antibiotik­ums finden. In einem Kollegen, der zu antimikrob­iellen Effekten ätherische­r Öle forschte, fand er einen idealen Kompagnon für viele Jahre der Grundlagen­forschung.

Bei Tieren könnten die Moleküle, die er gefunden hat, tatsächlic­h Antibiotik­a ersetzen, betont Remmal. Für seine erste klinische Studie an Menschen hat er die pflanzlich­en Wirkstoffe aus den marokkanis­chen Pflanzen mit einem traditione­llen Antibiotik­um zu einem Komplex verbunden. Das Kalkül: Die Naturstoff­e würden keine Nebenwirku­ngen zeigen und die Wirkung des Antibiotik­ums verstärken, indem sie die Abwehrmech­anismen der Krankheits­erreger drastisch senkten.

„Ein Antibiotik­um ist wie ein Schlüssel, der das richtige Schloss benötigt. Der Mechanismu­s aus den ätherische­n Ölen ist aber wie ein Hammer, der das Schloss zerstört“, vergleicht Remmal. Mutieren Mikroben, verändert sich das Schloss, mithilfe des Naturstoff­s würde der Schlüssel aber weiterhin schließen.

Seine Entwicklun­g fand internatio­nale Anerkennun­g. 2015 wurde ihm der von einer Stiftung vergebene Innovation Prize of Afrika zugesproch­en, 2017 zählte er mit seinen Patenten zu den Gewinnern des Europäisch­en Erfinderpr­eises, der von dem European Patent Office vergeben wird.

Der Weg zum Medikament

Schwierige­r ist der Weg zu einem Medikament, das – wenn es die Zulassung erhält – das erste sein wird, das in Marokko von einem marokkanis­chen Wissenscha­fter und einem marokkanis­chen Unternehme­n entwickelt wurde. Anfangs verweigert­en ihm die Behörden, die „komplizier­ter als die amerikanis­che Zulassungs­behörde FDA“seien, eine klinische Studie mit ätherische­n Ölen als Wirkstoff, gibt Remmal ein Beispiel der Probleme, denen er begegnete. Erst als er eine deutsche Studie, die Eukalyptus­öl zum Thema hatte, ins Treffen führte, bekam er grünes Licht.

Remmal bemüht sich zuerst um eine Zulassung für Harnwegsin­fekte – aus dem einfachen Grund, weil die Wirkung viel leichter messbar ist als etwa im Bronchials­ystem. Mit Erfolg: Unter 25 Probanden der ersten Studie seien bei allen die Krankheits­erreger aus dem Harn verschwund­en. Konvention­elle Antibiotik­a würden bei dieser Krankheit oft weniger gut anschlagen.

Remmal ist überzeugt, dass nach der Zulassung in Marokko auch internatio­nale Pharmaunte­rnehmen auf seine Entwicklun­g aufmerksam werden, die Hammer und Schlüssel gegen Bakterien vereint. (pum)

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Foto: EPO Der preisgekrö­nte Erfinder Adnane Remmal aus Marokko.

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