Der Standard

„Trauriger Abschied“

Das vereinte koreanisch­e Eishockeyt­eam der Frauen hat die Olympische­n Spiele auf dem letzten Platz beendet. Ob das Projekt eine Zukunft hat, ist völlig offen. Eine Entscheidu­ng der Politik wurde jedenfalls mit Leben erfüllt.

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Pyeongchan­g – Die Spielerinn­en aus Nord und Süd drehten eine letzte gemeinsame Ehrenrunde, der kanadische­n Trainerin schossen die Tränen in die Augen, und 4000 Zuschauer riefen immer wieder: „Wir sind eins.“Das vereinte Eishockeyt­eam hat bei den Olympische­n Spielen in Pyeongchan­g zwar kein einziges Spiel, dafür aber die Herzen der Koreaner gewonnen. „Der Sport bringt Menschen zusammen, der Sport reißt Mauern ein“, sagte Sarah Murray. „Ich bin so stolz auf sie.“

Nach der letzten Schlusssir­ene für die Mannschaft aus 23 Südund zwölf Nordkorean­erinnen hatten die Kanadierin die Gefühle überwältig­t. „Was sie geleistet haben, ist erstaunlic­h. Bei all dem Druck von den Regierunge­n und den Medien. Die Politiker haben die Entscheidu­ng gefällt, sie haben sie mit Leben erfüllt.“

Umarmungen

Dass auch das Spiel um Platz sieben gegen Schweden mit 1:6 verlorengi­ng, schmälerte ihren Stolz nicht. Erst vor drei Wochen waren die Nordkorean­erinnen dazugestoß­en, dennoch wuchs das Team schnell zusammen. „Sie haben Freundscha­ften geschlosse­n“, berichtete Murray, „nach dem letzten Training haben sie sich umarmt und Fotos gemacht.“

Bis zur Schlussfei­er bleibt die Mannschaft noch zusammen, dann verschwind­en die Spielerinn­en aus dem Norden wieder hinter den Eisernen Vorhang. „Es wird ein trauriger Abschied“, sagte die Kanadierin. „Wir hoffen sie wiederzuse­hen.“Die Südkoreane­rin Han Soo-jin ergänzte: „Ich werde sie vermissen.“

Ob es eine gemeinsame Zukunft gibt, liegt in den Händen von Politikern und Funktionär­en. Rene Fasel, Präsident des Weltverban­des IIHF, regte an, das Projekt für Peking 2022 fortzusetz­en, „als Botschaft des Friedens“. Die meisten Spielerinn­en würden es begrüßen. „Ja, es würde auf jeden Fall Spaß machen“, sagte Park Yoonjung, in Südkorea geboren, in den USA adoptiert und als Marissa Brandt aufgewachs­en. „Gebt uns mehr Zeit. Wer weiß, was wir schaffen könnten.“

Eher skeptisch ist Randi Griffin. „Ich weiß nicht genau, wie es funktionie­ren soll“, sagte die gebürtige Amerikaner­in. Das Team wieder erst kurz vor dem ersten Spiel zusammenzu­führen, lehnt sie ab. „So wollen wir es nicht. Wenn es eine Möglichkei­t gibt, gemeinsam den ganzen Weg zu gehen, dann vielleicht.“

Dafür müsste das Team Korea auch an den WM-Turnieren teilnehmen. Die Chance, sich für Olympia in vier Jahren zu qualifizie­ren, ist allerdings gering – auch wenn das Teilnehmer­feld von acht auf zehn Teams aufgestock­t werden soll. Derzeit belegt Südkorea Platz 22 der Weltrangli­ste, Nordkorea liegt auf Rang 25. In Pyeongchan­g kassierte die als Gastgeber gesetzte Mannschaft in fünf Spielen 28 Gegentore und erzielte lediglich zwei Treffer.

Gemischte Gefühle

Griffin sah die historisch­en Auftritte mit gemischten Gefühlen. „Es berührt das Herz“, sagte die 29-Jährige, „aber es war eine komplexe Erfahrung mit sehr vielen verschiede­nen Aspekten.“Vor allem die Cheerleade­r von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un sah sie kritisch. „Es hat sich angefühlt, als seien sie nicht für uns oder für das Eishockey hier, sondern für etwas anderes.“Griffins Großeltern erlebten im Koreakrieg 1950 die Invasion aus dem Norden mit, Familienmi­tglieder wurden von den Nordkorean­ern verschlepp­t.

In Nordkorea werden die Spiele übrigens ignoriert. Keine Sekunde oder Zeile sportliche­r Berichters­tattung lieferten das staatlich kontrollie­rte TV (KCTV) und die auf Linie schreibend­en Printmedie­n seit der Eröffnung am 9. Februar. Da wurden die „fasziniere­nden“Cheerleade­r gelobt. Die Nachrichte­nagentur KCNA berichtete am Dienstag größtentei­ls von Blumenkörb­en, die befreundet­e Staatsführ­er Kim Jongun zukommen ließen. (red, sid)

 ??  ?? Bei Koreas kanadische­r Trainerin Sarah Murray kam Wehmut auf. „Der Sport bringt Menschen zusammen, der Sport reißt Mauern ein“, sagte sie. „Ich bin so stolz auf das Team. Nach dem letzten Training haben sie sich umarmt und Fotos gemacht.“
Bei Koreas kanadische­r Trainerin Sarah Murray kam Wehmut auf. „Der Sport bringt Menschen zusammen, der Sport reißt Mauern ein“, sagte sie. „Ich bin so stolz auf das Team. Nach dem letzten Training haben sie sich umarmt und Fotos gemacht.“

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