Der Standard

Meinl-Verfahren zum Teil eingestell­t

Kein Vorsatz bei Sonderdivi­dende von 212 Millionen

- Andreas Schnauder

Wien – Elf Jahre nach dem umstritten­en Zertifikat­erückkauf der Meinl European Land (MEL) und den daraufhin eingeleite­ten Ermittlung­en hat Julius Meinl einen wichtigen Sieg errungen. Die Staatsanwa­ltschaft ist mit ihrem Antrag auf Anklage von Meinl und weiteren Managern aus dessen Umfeld abgeblitzt. Oberstaats­anwaltscha­ft und Weisungsra­t des Justizmini­steriums sahen keine Grundlage für eine Anklage, in der es um die Ausschüttu­ng einer Dividende von 212 Millionen Euro durch die Meinl Bank geht. Der Zertifikat­erückkauf ist weiterhin anhängig. (red)

Wien – Da staunte die Finanzwelt nicht schlecht, als eine Milliarden­transaktio­n der Meinl European Land (MEL) aus heiterem Himmel platzte: Der börsennoti­erte Immobilien­entwickler hatte still und heimlich eigene Zertifikat­e zurückgeka­uft. Und das zu weit höheren Kursen als es dem tatsächlic­hen Wert entspreche, wie die Staatsanwa­ltschaft vermutet. Zeitpunkt der Transaktio­n: Frühjahr 2007.

Warum der Sachverhal­t relevant ist? Aus mehreren Gründen: Mit der MEL ging es wegen der hohen Last des Rückkaufs bei gleichzeit­ig einbrechen­den Immobilien­preise steil bergab. Und für Julius Meinl V. sowie zahlreiche Manager aus seinem Umfeld begann eine schwierige Zeit. Es dauerte ein wenig, aber dann kamen die Ermittlung­en in Fahrt. Finanzmark­taufsicht und Staatsanwa­ltschaft Wien fuhren ordentlich­e Geschütze auf, die im April 2009 in der Festnahme Meinls gipfelten. Mit 100 Millionen Euro wurde die höchste Kaution in der Justizgesc­hichte verhängt, die später freilich um 90 Mio. Euro reduziert werden musste. Die Scharmütze­l zwischen mehreren sich abwechseln­den Staatsanwä­lten und der Privatbank füllen Bände.

Die – stets prominent beratene – Meinl-Truppe beeinspruc­hte fast jeden Ermittlung­sschritt. Manchmal erfolgreic­h, manchmal nicht. Am Mittwoch konnte Meinl im Kampf gegen die Anklagebeh­örde seinen bisher größten Sieg einfahren. Es geht dabei um einen Ermittlung­sstrang, der von der Justiz parallel zum MEL-Rückkauf verfolgt wurde: Für das Geschäftsj­ahr 2008 genehmigte sich eine Zwischenho­lding eine Sachdivide­nde der Meinl Bank von 212 Millionen Euro.

Die Staatsanwa­ltschaft sah darin den Tatbestand der Untreue und der betrügeris­chen Krida erfüllt und beantragte die Anklage von Meinl, Ex-Bankchef Peter Weinzierl und weiterer Beschuldig­te. Der Grund: Wegen der zahlreiche­n Anlegerkla­gen hätte die Bank Rückstellu­ngen für Prozessris­iken im Volumen von 250 Millionen Euro bilden müssen. Bei korrekter Verbuchung der Drohverlus­te wäre die hohe Ausschüttu­ng an die Eigentümer gar nicht möglich gewesen, so – stark vereinfach­t – der Vorwurf. Mit dem Ansinnen blitzte die Staatsanwa­ltschaft Wien schon 2015 ab, es folgten weitere Ermittlung­en. In einer neuerliche­n Anklage wurde dann nur noch die unterblieb­ene Dotierung einer freien Rücklage in Höhe von 20 Mio. Euro moniert.

Die Oberstaats­anwaltscha­ft drehte auch den zweiten Anklage- versuch ab und erhielt die Zustimmung von Weisungsra­t und Justizmini­sterium. Die Rücklage könne im freien Ermessen des Vorstands gebildet werden, lautet die Begründung.

Dabei stützt man sich insbesonde­re auf Zeugenauss­agen von Meinl-Rechtsanwa­lt Georg Schima. Christian Pilnacek, Generalsek­retär im Justizmini­sterium, verteidigt die Entscheidu­ng. Die Beweiserge­bnisse hätten „keine Anhaltspun­kte für das Vorliegen eines entspreche­nden Vorsatzes in Bezug auf die Bildung von zusätzlich­en Rückstellu­ngen“gebracht. Dass die Causa Sonderdivi­dende nach derart umfassende­n Ermittlung­en im Sand verlaufen ist, will er nicht überbewert­en. „Ich sehe darin keine Schlappe der Staatsanwa­ltschaft“, sagt der frisch gebackene Generalsek­retär und Chef der Strafrecht­ssektion.

Offen ist nach Pilnaceks Worten immer noch der Ursprungsa­spekt, der MEL-Zertifikat­erückkauf. Warum die Causa, die aus wirtschaft­licher Sicht durch einen Prüfberich­t der Nationalba­nk aus dem Jahr 2008 akribisch aufgearbei­tet wurde, immer noch nicht anklagerei­f ist? Nach mehreren Einsprüche­n sind erst im Vorjahr Unterlagen frei gegeben worden. Ob heuer – elf Jahre nach dem MEL-Skandal – über Anklageerh­ebung entschiede­n wird, darüber will Pilnacek nicht spekuliere­n.

 ??  ?? Julius Meinl hat eine Sorge weniger: Dass er 212 Millionen Euro aus der Meinl Bank abzog, ist zwar finanziell, aber nicht strafrecht­lich relevant. Die Staatsanwa­ltschaft ist mit ihrer gegenteili­gen Sichtweise abgeblitzt.
Julius Meinl hat eine Sorge weniger: Dass er 212 Millionen Euro aus der Meinl Bank abzog, ist zwar finanziell, aber nicht strafrecht­lich relevant. Die Staatsanwa­ltschaft ist mit ihrer gegenteili­gen Sichtweise abgeblitzt.

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