SPÖ-Zwist um Kopftuch
Wiens Parteimanagerin Novak für Verbot in Schulen
Wien – Die neue Parteimanagerin der Wiener SPÖ, Barbara Novak, hat mit ihren Aussagen zum Thema Kopftuchverbot im Interview mit dem STANDARD für gehörige innerparteiliche Aufregung gesorgt. Novak, die auch SPÖ-Bezirkschefin in Döbling ist, bekräftigte, sich für ein Verbot an Schulen starkzumachen. „Die Beschlusslage in meinem Bezirk Döbling ist, dass wir für den Bildungsbereich und im Bereich der Kinder und Jugendlichen ein Kopftuchverbot haben möchten. Aktuell findet in der Wiener Frauenorganisation eine gute Diskussion statt“, sagte Novak.
Die aktuelle Haltung der Landespartei zu diesem Thema ist das nicht: Denn die Wiener SPÖ-Frauenorganisation mit Finanzstadträtin Renate Brauner an der Spitze hat das Wort „Kopftuchverbot“immer bewusst vermieden. Auf eine Frage am Mittwoch, ob Brauner ein Kopftuchverbot für Schüler unterstütze, wollte die Stadträtin nicht eingehen. Ihr Büro verwies auf einen Antrag, der beim Landesparteitag im April 2017 beschlossen wurde.
Die Überschrift des Antrags von der SPÖ-Frauen-Initiative „Die Weiberei – FeminisMUSS heute“ lautet: „Wir wollen nicht, dass Mädchen im Kindergarten und der Volksschule Kopftuch tragen. Richtige Schritte und schnelles Eingreifen ist gefordert!“
Das Wort „Kopftuchverbot“oder „Verbot“findet sich im Antrag nicht. Stattdessen soll mit „Bewusstseinsbildung ein Umdenken“erreicht werden, wie es heißt. Es brauche mehr Unterstützungsangebote für Pädagogen, Kontrollen und verpflichtende Gespräche mit Eltern. Aktuell laufe eine vertiefende inhaltliche Auseinandersetzung innerhalb der SPÖ Wien zu diesem Thema, hieß es aus Brauners Büro.
Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky hat bis dato ebenfalls kein Kopftuchverbot unterstützt. Wenn Zwang im Spiel sei, müsse das Jugendamt aber einschreiten, wurde im Rathaus betont. In einem Erlass des Bildungsministeriums von 2004 heißt es, dass das Tragen von Kopftüchern durch muslimische Mädchen als religiös begründete Bekleidungsvorschrift unter den Schutz des Staatsgrundgesetzes fällt. Erlasse von Schulen, die das Tragen von Kopftüchern im Unterricht per Hausordnung oder Vereinbarungen verbieten, seien „rechtswidrig“.
Im Sommer des vergangenen Jahres schrieb sich der heutige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) in Rage: Das Sicherheitspaket der ÖVP sei eine „gefährliche Drohung“, zeige „autoritäre Denkmuster“und erinnere ihn „an die Phantasien“des Stasi-Chefs Erich Mielke, tönte er in einer Pressemitteilung. Gemeinsam mit der SPÖ, den Neos und den Grünen verhinderte die damalige Oppositionspartei FPÖ das Überwachungspaket.
Viel Neues ist der türkis-blauen Regierung nunmehr nicht eingefallen. Sie hat das gescheiterte Überwachungspaket nur aufgewärmt: Einsatz von staatlicher Überwachungssoftware (Bundestrojaner), eine Lockerung des Briefgeheimnisses und der staatliche Zugriff auf sämtliche Überwachungskameras Österreichs sind einige der Pläne, die Fürst Metternich und Mielke wohl gerne erlebt hätten.
Das einzig wirklich Innovative ist, dass die FPÖ in Windeseile umgefallen ist, sie steht nun voll und ganz hinter dem Paket. Bemerkenswert ist die Begründung Kickls, mit der er diesen Sinneswandel rechtfertigt. Er wolle so „das subjektive Sicherheitsgefühl“der Bevölkerung stärken. Fakten spielen also keine große Rolle, wenn ein Blauer den Überwachungsminister macht.
Dabei ist bei massiven Eingriffen in die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger eine sachliche Diskussion gefragt. Flip-Flopper, also Politiker, die ihre Meinungen situationselastisch ändern, hingegen nicht.