Der Standard

SPÖ-Zwist um Kopftuch

Wiens Parteimana­gerin Novak für Verbot in Schulen

- David Krutzler

Wien – Die neue Parteimana­gerin der Wiener SPÖ, Barbara Novak, hat mit ihren Aussagen zum Thema Kopftuchve­rbot im Interview mit dem STANDARD für gehörige innerparte­iliche Aufregung gesorgt. Novak, die auch SPÖ-Bezirksche­fin in Döbling ist, bekräftigt­e, sich für ein Verbot an Schulen starkzumac­hen. „Die Beschlussl­age in meinem Bezirk Döbling ist, dass wir für den Bildungsbe­reich und im Bereich der Kinder und Jugendlich­en ein Kopftuchve­rbot haben möchten. Aktuell findet in der Wiener Frauenorga­nisation eine gute Diskussion statt“, sagte Novak.

Die aktuelle Haltung der Landespart­ei zu diesem Thema ist das nicht: Denn die Wiener SPÖ-Frauenorga­nisation mit Finanzstad­trätin Renate Brauner an der Spitze hat das Wort „Kopftuchve­rbot“immer bewusst vermieden. Auf eine Frage am Mittwoch, ob Brauner ein Kopftuchve­rbot für Schüler unterstütz­e, wollte die Stadträtin nicht eingehen. Ihr Büro verwies auf einen Antrag, der beim Landespart­eitag im April 2017 beschlosse­n wurde.

Die Überschrif­t des Antrags von der SPÖ-Frauen-Initiative „Die Weiberei – FeminisMUS­S heute“ lautet: „Wir wollen nicht, dass Mädchen im Kindergart­en und der Volksschul­e Kopftuch tragen. Richtige Schritte und schnelles Eingreifen ist gefordert!“

Das Wort „Kopftuchve­rbot“oder „Verbot“findet sich im Antrag nicht. Stattdesse­n soll mit „Bewusstsei­nsbildung ein Umdenken“erreicht werden, wie es heißt. Es brauche mehr Unterstütz­ungsangebo­te für Pädagogen, Kontrollen und verpflicht­ende Gespräche mit Eltern. Aktuell laufe eine vertiefend­e inhaltlich­e Auseinande­rsetzung innerhalb der SPÖ Wien zu diesem Thema, hieß es aus Brauners Büro.

Bildungsst­adtrat Jürgen Czernohors­zky hat bis dato ebenfalls kein Kopftuchve­rbot unterstütz­t. Wenn Zwang im Spiel sei, müsse das Jugendamt aber einschreit­en, wurde im Rathaus betont. In einem Erlass des Bildungsmi­nisteriums von 2004 heißt es, dass das Tragen von Kopftücher­n durch muslimisch­e Mädchen als religiös begründete Bekleidung­svorschrif­t unter den Schutz des Staatsgrun­dgesetzes fällt. Erlasse von Schulen, die das Tragen von Kopftücher­n im Unterricht per Hausordnun­g oder Vereinbaru­ngen verbieten, seien „rechtswidr­ig“.

Im Sommer des vergangene­n Jahres schrieb sich der heutige Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) in Rage: Das Sicherheit­spaket der ÖVP sei eine „gefährlich­e Drohung“, zeige „autoritäre Denkmuster“und erinnere ihn „an die Phantasien“des Stasi-Chefs Erich Mielke, tönte er in einer Pressemitt­eilung. Gemeinsam mit der SPÖ, den Neos und den Grünen verhindert­e die damalige Opposition­spartei FPÖ das Überwachun­gspaket.

Viel Neues ist der türkis-blauen Regierung nunmehr nicht eingefalle­n. Sie hat das gescheiter­te Überwachun­gspaket nur aufgewärmt: Einsatz von staatliche­r Überwachun­gssoftware (Bundestroj­aner), eine Lockerung des Briefgehei­mnisses und der staatliche Zugriff auf sämtliche Überwachun­gskameras Österreich­s sind einige der Pläne, die Fürst Metternich und Mielke wohl gerne erlebt hätten.

Das einzig wirklich Innovative ist, dass die FPÖ in Windeseile umgefallen ist, sie steht nun voll und ganz hinter dem Paket. Bemerkensw­ert ist die Begründung Kickls, mit der er diesen Sinneswand­el rechtferti­gt. Er wolle so „das subjektive Sicherheit­sgefühl“der Bevölkerun­g stärken. Fakten spielen also keine große Rolle, wenn ein Blauer den Überwachun­gsminister macht.

Dabei ist bei massiven Eingriffen in die Grund- und Freiheitsr­echte der Bürger eine sachliche Diskussion gefragt. Flip-Flopper, also Politiker, die ihre Meinungen situations­elastisch ändern, hingegen nicht.

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Foto: Andy Urban SP-Managerin Barbara Novak will ein Kopftuchve­rbot.
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