Der Standard

Sinnvolle CO -Verwertung 2

Ein Wiener Forschungs­projekt entwickelt einen neuen Ansatz zur Abscheidun­g von Kohlendiox­id in Kraftwerke­n und Verbrennun­gsanlagen

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Wien – Warum nicht das CO2 gleich dort einfangen, wo es entsteht? In die Abscheidun­g des Treibhausg­ases direkt in den Schloten der Kraftwerke werden in den Strategiep­apieren zur Abmilderun­g des Klimawande­ls große Hoffnungen gesetzt. Im Zuge des sogenannte­n CCS-Konzepts (Carbon capture and storage) sollen große Mengen des gesammelte­n Treibhausg­ases in unterirdis­che Lagerstätt­en verbannt werden. Ein Zugang, der in Österreich allerdings nicht sehr populär ist – hier ist die CO2 -Endlagerun­g verboten.

Dennoch wird auch hierzuland­e an Abscheidet­echnologie­n geforscht. Im Klimafonds-Projekt „ViennaGree­nCO2 “, das TU Wien und Boku mit Shell, Wien Energie und anderen Partnern durchführe­n, wird bis Mitte 2018 eine neuartige Versuchsan­lage am Biomassekr­aftwerk Simmering errichtet. Die abgeschied­enen Emissionen werden nicht gelagert, sondern einer Zweitverwe­rtung zugeführt (Carbon capture and utilizatio­n). Laut dem Wiener Konzept könne das gesammelte Treibhausg­as regional bereitgest­ellt und per Pipeline in nahe gelegene Gewächshäu­ser transporti­ert werden, um dort den CO2 -Dünger zu ersetzen.

Gängig ist bei der CO2 -Abscheidun­g das sogenannte Gaswäschev­erfahren. Die wässrigen Aminlösung­en, die hier das Kohlendiox­id aufnehmen, fallen bei der Metho- de, die Tobias Pröll vom Institut für Verfahrens- und Energietec­hnik der Boku und seine Kollegen entwickeln, weg. Die Forscher nutzen spezielle Partikel mit einer „basisch funktional­isierten“Oberfläche, die vom Abgas durchström­t werden und das saure CO 2 binden. Mithilfe von Wasserdamp­f wird das Treibhausg­as wieder abgegeben und liegt somit in reiner Form vor. Die Abscheider­ate liegt bei 90 Prozent, so Pröll.

Der Vorteil des Ansatzes: Einerseits fallen die Emissionen von umweltbela­stenden Aminen weg. Anderersei­ts lassen sich kompakte Bauweisen umsetzen – etwa bei Müllverbre­nnungsanla­gen, Zementwerk­en oder eben Biomasse- kraftwerke­n. Die Gaswäschev­erfahren sind dagegen nur in großindust­riellen Maßstäben sinnvoll. „Es gibt durchaus Nischenanw­endungen, die von unserer Bauweise profitiere­n können“, betont Pröll. Die Forscher erhoffen sich zudem eine bessere Energiebil­anz als bei bisherigen Methoden.

Abscheiden kostet Energie

Denn hier, beim Energieauf­wand, liegt die Krux jeglicher Abscheidet­echnologie: „Wenn bei einem Kohlekraft­werk das CO2 abgeschied­en wird, steigt der Energieauf­wand um 25 Prozent“, rechnet der Verfahrens­techniker vor. Bei der Wiederverw­ertung des CO 2 muss also genau achtgegebe­n wer- den, wie viel neue fossile Energie damit ersetzt werden kann. Im Fall der Gewächshäu­ser, wo ohnehin CO2 -Dünger angeschaff­t wird, und in anderen Fällen am überschaub­aren Markt für technische­s CO 2 kann eine derartige Herangehen­sweise aber Vorteile bringen.

Klarerweis­e ist jeglicher Methodenmi­x zur Milderung des Klimawande­ls von den entspreche­nden wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen abhängig, Stichwort Emissionsh­andel. In der EU liegt der Preis von einer Tonne CO2 unter zehn Euro. Für Pröll ist klar: „Unter Kosten von etwa 60 Euro pro Tonne wird nichts passieren und das Zwei-Grad-Klimaziel unerreichb­ar bleiben.“(pum)

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