Leitl gegen Abschiebungen von Lehrlingen
Wirtschaftskammer-Chef für „menschliche Lösung“
Wien – Die Liste von Unternehmen, die sich protestierend an die Öffentlichkeit wenden, weil ihnen ein Lehrling abgeschoben werden soll, wird länger. Vor kurzem hat sich Helmut Peter, Altwirt des prominenten Weißen Rössl im oberösterreichischen St. Wolfgang, zu Wort gemeldet. In seinem Hotelbetrieb absolviert ein junger Asylwerber aus Afghanistan seit Juli 2017 eine Lehre. Der Mann hat einen negativen Asylbescheid in erster Instanz erhalten.
Sein Lehrling zeige sich integrationswillig, lerne eifrig Deutsch, und der Betrieb brauche ihn, sagte Peter. Angesichts dessen verstehe er nicht, „dass der junge Mann auf dem Wege in unsere Gesellschaft vertrieben wird“. Wie Peter sind es vor allem Unternehmer aus Oberösterreich, die auf die Barrikaden steigen.
Unterstützung für ihr Anliegen bekamen die Firmenbosse am Mittwoch erstmals öffentlich vom Präsidenten der Österreichischen Wirtschaftskammer, Christoph Leitl. DER STANDARD fragte Leitl am Rande einer Veranstaltung, wie er die Debatten um Asylwerber in Oberösterreich sehe.
Oberste Priorität sei eine Beschleunigung der Asylverfahren, damit eine solche Situation nicht mehr entstehen könne, dass Asylwerbern in ihrer Lehrzeit die Abschiebung drohe, so Leitl. Bei den aktuellen Fällen komme eine solche Lösung zu spät. „Ich plädiere deshalb für eine menschliche Lösung in diesen Einzelfällen“. Die Asylwerber aus der Lehre heraus abzuschieben bedeute, die Integrationswilligen zu Illegalen zu erklären und damit zu bestrafen, während zugleich viele andere, die keine Integrationsbereitschaft zeigten, bleiben könnten, so der Präsident weiter.
Aktive Oberösterreicher
Die rechtsstaatlichen Asylverfahren seien natürlich zu respektieren. Rechtlich gebe es aber Spielräume, um Abschiebungen zu verhindern – ob nun ein humanitäres Bleiberecht im Zuge der Asylverfahren oder eine Lösung über die Rot-Weiß-Rot-Karte. „Es gibt Möglichkeiten für Einzelfallgenehmigungen. Manchmal muss man ein bisschen kreativ sein“.
Zurzeit absolvieren mehr als 700 Asylwerber in Österreich eine Lehre in einem sogenannten Mangelberuf. Besonders in Oberösterreich waren Sozialpartner und Arbeitsmarktservice aktiv, um Menschen unterzubringen, fast 300 Lehrplätze wurden hier geschaffen. Im Laufe der vergangenen Wochen haben sich die negativen Asylbescheide der meist afghanischen Lehrlinge gehäuft: Gut 50 Fälle so wie jenen im Weißen Rössl gibt es. (szi)