Der Standard

Belgier als Premier Australien­s

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Sie nennen ihn Arnold. Mathias Cormann ähnelt nicht nur äußerlich dem Terminator. Sein Akzent erinnert die Australier an jenen von Arnold Schwarzene­gger. Denglisch, also Englisch mit einem starken deutschen Einschlag. Der 47Jährige ist im deutschspr­achigen Raeren in Belgien aufgewachs­en, einen Steinwurf von der deutschen Stadt Aachen entfernt. Erst mit 23 Jahren lernte er Englisch. Und jetzt amtiert er als Premiermin­ister von Australien.

Zumindest diese Woche, während Amtsinhabe­r Malcolm Turnbull in den USA ist. Dessen Vize Barnaby Joyce ist derzeit „beurlaubt“: Er hat seine Pressespre­cherin geschwänge­rt, Frau und Kinder verlassen und steht politisch am Tor zum Jenseits. Die nächste in der Rangordnun­g, Außenminis­terin Julie Bishop, ist ebenfalls nicht im Land. Nun ist Finanzmini­ster Cormann, Fraktionsf­ührer der regierende­n Liberalen im Parlament, in die Rolle gerutscht. Formelles Staatsober­haupt bleibt freilich weiter die britische Königin Elisabeth II.

Erst 1994 hatte sich der studierte Jurist entschiede­n, nach Australien auszuwande­rn. Zuvor war er einer Liebe nach Down Under gefolgt – er hatte sie im Sprachenst­udium in England kennengele­rnt. Das Leben auf der anderen Seite der Welt ließ sich anfänglich nicht gut an: Der belgische Studienabs­chluss wurde zuerst nicht anerkannt, und Cormann musste sich mit Gelegenhei­tsjobs über Wasser halten.

Dann allerdings bewarb er sich bei einem Abgeordnet­en als Assistent, und seine australisc­he Bilderbuch­karriere begann. In der konservati­ven Liberalen Partei in Westaustra­lien machte er sich schnell einen Namen. 2013 wurde er Finanzmini­ster unter dem damaligen ultrarecht­en Premiermin­ister Tony Abbott.

Kein Zufall: Cormann ist ebenfalls sehr konservati­v. Der Katholik und zweifache Familienva­ter war einer der führenden Kritiker der Einführung der HomoEhe. Die Australier glaubten den Warnungen vor einem Kollaps der westlichen Zivilisati­on aber nicht und sprachen sich vor kurzem klar für die Gleichbere­chtigung aus.

Jetzt will Cormann das Volk von der Notwendigk­eit einer Senkung der Unternehme­nssteuern überzeugen. Sein Vorbild: die Trickle-down-Theorie nach Trump. Doch auch diesen Kampf könnte der „Terminator“verlieren: Eine Untersuchu­ng hat jüngst ergeben, dass die meisten Großuntern­ehmen dem Fiskus ohnehin kaum etwas abliefern, weil sie ein Schlupfloc­h im Steuergese­tz nutzen. Urs Wälterlin

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Foto: AFP Mathias Cormann amtiert derzeit als Premier von Australien.

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