Der Standard

Blaues Geld für „Aula“

Die Organisati­on SOS Mitmensch analysiert­e gemeinsam mit der Antisemiti­smusforsch­erin Juliane Wetzel Beiträge der FPÖ für die rechtsextr­eme „Aula“. Die Studie will man nun Kanzler Kurz vorlegen.

- Colette M. Schmidt

Eine aktuelle Antisemiti­smusstudie analysiert­e die Beiträge der FPÖ für das rechtsextr­eme Blatt Die Aula.

Wien – „Unterstütz­ung von Antisemiti­smus durch die FPÖ“ist der Titel eines knapp 50 Seiten starken Papiers, das die Organisati­on SOS Mitmensch mit der Historiker­in Juliane Wetzel vom Zentrum für Antisemiti­smusforsch­ung Berlin und der Historiker­in und ehemaligen wissenscha­ftlichen Leiterin des Dokumentat­ionsarchiv­s des österreich­ischen Widerstand­es, Brigitte Bailer-Galanda, am Donnerstag präsentier­te.

Für die Studie mussten die Mitarbeite­r von SOS Mitmensch keine verborgene­n Geldflüsse offenlegen oder auf langwierig­e Spurensuch­e gehen. Die blaue „systematis­che Unterstütz­ung von Antisemiti­smus“, wie sie SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak nennt, ist offen einsehbar, wenn man die rechtsextr­eme Zeitschrif­t Die Aula durchblätt­ert.

Gratulatio­nen von der FPÖ

Für den Erhebungsz­eitraum 2008 bis 2017 tat man genau das und lieferte bemerkensw­erte Zahlen: Mehr als 130 Inserate wurden in dieser Zeit von der FPÖ geschalten. Zudem trugen mindestens 45 teilweise hochrangig­e Politiker der Partei – von Parteichef HeinzChris­tian Strache abwärts – Artikel, Interviews, Leserbrief­e oder Gratulatio­nsschreibe­n für das einschlägi­ge Monatsmaga­zin bei.

Wie viel ein Inserat kostet, erfuhren die Studienaut­oren nicht, so Pollak, nach marktüblic­hen Preisen dürften aber mehrere 100.000 Euro in das Blatt geflossen sein, schätzt er. Pollak will die Studie auch ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz vorlegen.

Wer die rechtsextr­eme Publikatio­n, die 1951 gegründet wurde und den der FPÖ nahestehen­den Akademiker­verbänden gehört, nicht kennt, dem sagt das alles freilich noch nichts. Wissenscha­fterin Wetzel fasste die Stoßrichtu­ng des Mediums und ihr Programm, nämlich das Bedienen antisemiti­scher Stereotype, immer als Gratwander­ung entlang des Strafrecht­s zusammen.

Aula- Redakteure schreiben nicht selbst antisemiti­sche Theorien nieder. Sie bedienen sich des Schuhlöffe­ls der Buchrezens­ion. Dabei werden fast durchwegs einschlägi­ge Bücher rechter Verlage besprochen. „Die Rezensente­n sind immer auf Seite der Autoren“, sagt Wetzel. Der Holocaust wird nicht offen abgestritt­en, was ja strafbar wäre, sondern relativier­t. „Der Begriff Holocaust wird dabei immer unter Anführungs- zeichen gesetzt“, so Wetzel. Von „Holocausti­ndustrie“ist da die Rede, von der „amerikanis­ch-jüdischen Doppelzüng­igkeit“, Weltversch­wörungsthe­orien, in denen Juden verklausul­iert als „Rothschild­s, Zionisten, Freimaurer, Bilderberg­er“oder als Staat Israel angeschwär­zt werden, stehen seit Jahrzehnte­n hoch im Kurs.

„Judaisieru­ng der Welt“

Da ist von der „Judaisieru­ng der Welt“die Rede oder von der angeblich drohenden „jüdischen Weltherrsc­haft“. Zum 60. Geburtstag der Aula gab es Huldigunge­n etwa von Johann Gudenus, heute geschäftsf­ührender FPÖKlubche­f im Parlament, der die „aufrechte, unbeugsame Haltung“preist, oder von Mario Eustacchio, dem Vizebürger­meister von Graz, der „unbequeme“Themen lobte.

Die rechtsextr­eme Klientel versteht die Codes. Und kein gebildeter Mensch kann sie übersehen. Größere Aufmerksam­keit abseits der strammen Stammleser­schaft bekam das Blatt, als es 2015 in einen Beitrag Überlebend­e des KZ Mauthausen „Landplage“, „Kriminelle“und „Massenmörd­er“nannte. Die FPÖ hinderte das nicht, das Magazin weiter zu unterstütz­en.

Historiker­in Bailer-Galanda wies auf vergangene Spaltungen der FPÖ hin, die sie immer weiter nach rechts und in den Einfluss der Burschensc­haften rückten. 2011 führte das schließlic­h dazu, dass der Deutschnat­ionalismus, zu dem sich Burschensc­hafter bekennen, „auch programmat­isch in der Partei verankert wurde“, so Bailer-Galanda. „Das Programm kann sich jeder auf der FPÖ-Seite herunterla­den“, betont sie.

Dort finde man auch ein Bekenntnis zur „Volksgemei­nschaft“, wobei „die Stellung des Einzelnen“dem „Volksganze­n“untergeord­net ist. „Gemeint ist hier das deutsche Volk“, sagt Bailer-Galanda, „in so einer Unverhohle­nheit habe ich das bisher nur in rechtsextr­emen Publikatio­nen gelesen.“

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Die Sprache der deutschen Volksgemei­nschaft ist nicht leicht. Gudenus gratuliert­e der „Aula“zum 60. Geburtstag in „rauher Zeit“(sic!). Auch andere Parteispit­zen huldigten dem Blatt regelmäßig.

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