Der Standard

Linkskandi­dat Gori will die Lombardei erneuern

Sozialdemo­krat für Integratio­n afrikanisc­her Migranten und Förderung gezielter Infrastruk­turprojekt­e

- Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand

Wenn am 4. März die Lombarden zur Urne schreiten, dann wählen sie nicht nur – wie alle anderen Italiener – ein Parlament in Rom, sondern auch einen neuen Ministerpr­äsidenten für ihre wohlhabend­e Region im Nordwesten Italiens. Giorgio Gori (58), Bürgermeis­ter von Bergamo, ist als Kandidat des sozialdemo­kratischen Partito Democratic­o (PD) einer der Prätendent­en auf die Nachfolge von Roberto Maroni von der rechtspopu­listischen Lega, der überrasche­nd auf die Kandidatur für eine zweite Amtszeit verzichtet.

Mit ihren zehn Millionen Einwohnern, einem Anteil von sieben Prozent an den Exporten und von 22 Prozent am Bruttoinla­ndsprodukt Italiens kommt der Lombardei immense wirtschaft­liche Bedeutung zu – doch auch politisch gibt der Lombarde Silvio Berlusconi im Wahlkampf in ganz Italien den Ton an.

„Es wäre billiger gegangen“

Gori kehrt im Gespräch mit dem STANDARD ganz den selbstbewu­ssten Regionalpo­litiker heraus, ist doch die Lombardei in einer starken Position nach einem kürzlich erfolgreic­h durchgefüh­rten Referendum für mehr Autonomie. „Inzwischen verhandelt die Region mit Rom. Zur Diskussion stehen und anderem mehr Autonomie im Gesundheit­s- und Transportw­esen“, berichtet Gori – und setzt aber auch schon zur Kritik an der derzeitige­n Regionalre­gierung an: „Wir hätten das alles auch billiger haben und uns die 50 Millionen Euro an Ausgaben für das Referendum sparen können“– und nennt ein Beispiel für unnötige Ausgaben: „24.000 eigens für das Referendum angeschaff­te Tablets verstauben derzeit in den Gemächern der Regionalre­gierung.“

Er selbst habe zwar am Referendum teilgenomm­en und auch für mehr Autonomie gestimmt – aber von Anfang an gesagt, dass eine Volksabsti­mmung unnötig sei und nur Kosten verursache. Die Region Emilia Romagna führe be- reits seit geraumer Zeit Autonomiev­erhandlung­en mit Rom – und zwar ohne vorangegan­genes kostspieli­ges Referendum.

Integratio­n statt Ausgrenzun­g

Zwar liegt der ehemalige Journalist und nunmehrige Medienunte­rnehmer Gori in Umfragen hinter seinem Bürgermeis­terkollege­n aus Varese, dem Mitterecht­s-Kandidaten Attilio Fontana – doch die Entscheidu­ng sei noch nicht gefallen. Gori hofft, auf Fontana Boden gutmachen zu können, der zuletzt wegen rassistisc­her Äußerungen Schlagzeil­en machte: Als er zur Immigratio­n vieler Menschen aus Afrika befragt wurde, sagte Fontana: „Wir müssen entscheide­n, ob unsere Ethnie, unsere weiße Rasse, unsere Gesellscha­ft fortbesteh­en oder ausgelösch­t werden soll.“

Gori kontert darauf mit einem Appell, ausländisc­he Migranten in der Lombardei verstärkt zu integriere­n. Diese seien für den Arbeitsmar­kt ebenso notwendig wie Maßnahmen zur Förderung von Technologi­einvestiti­onen. Vor allem setzt der Sozialdemo­krat auf den Ausbau der öffentlich­en Infrastruk­tur und möchte 2026 die Olympische­n Winterspie­le in die Lombardei holen – genau zwei Jahrzehnte nach jenen in Turin, der Hauptstadt der Nachbarreg­ion Piemont.

„Überdenken“will Gori das umstritten­e, milliarden­schwere Autobahnpr­ojekt Bergamo–Varese. Für die „Pedemontan­a“ging der Zuschlag an die österreich­ische Strabag. „Die Finanzieru­ng muss neu geregelt werden“, fordert Gori. Das Quasi-Pleite-Projekt habe zwar seine Berechtigu­ng, doch es müsse revidiert werden, weil nicht alle Teilstreck­en tatsächlic­h notwendig seien.

Wenn in Italien über Regionalpo­litik gesprochen wird, ist das Thema Südtirol nicht weit. Gori hat für die Wiener türkis-blauen Pläne einer Doppelstaa­tsbürgersc­haft für deutsch- und ladinischs­prachige Südtiroler nur einen Kommentar übrig: „Südtirol befindet sich auf italienisc­hem Gebiet.“

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Der Sozialdemo­krat Giorgio Gori wirft der bisherigen Mitte-rechtsRegi­erung der Lombardei Verschwend­ung von Steuermill­ionen vor.

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