Der Standard

Schwulenfe­ind spricht bei rechtsextr­emem Kongress

Bei den selbsterna­nnten „Verteidige­rn Europas“, die am 3. März im oberösterr­eichischen Wasserschl­oss Aistershei­m tagen, ist erneut der serbische Politikwis­senschafte­r Miša Djurković zu Gast. Er fiel in der Vergangenh­eit mit kruden Theorien zur Homosexual­i

- Olivera Stajic, Fabian Schmid

Wien – Die Serben seien „ kein gewalttäti­ges Volk. Doch es gibt Grenzen von Gewalt und Verfolgung, die unsere Machthaber uns und unseren Familien antun können. Diese Grenze ist nun erreicht“: Das schrieb der serbische Politologe Miša Djurković im April 2017 in einer Kolumne in der Tageszeitu­ng Politika. Zornig hatten Djurković ein neu beschlosse­nes Gesetz zur Prävention von häuslicher Gewalt und neue Unterricht­smateriali­en für Sexualkund­e in Pflichtsch­ulen gemacht. Hier ortete Djurković nämlich eine gezielte „Promotion der Homosexual­ität“und „Indoktrini­erung“der Kinder im jüngsten Alter. Er nannte die Maßnahmen ein „satanische­s Bildungspa­ket“und äußerte die Befürchtun­g, dass der Schutz von Frauen vor Gewalt „zur weiteren Zerstörung der Familie in Serbien dienen wird“.

In wenigen Tagen wird Djurković seine Thesen im oberösterr­eichischen Aistershei­m prä- sentieren. Er ist einer der Redner am rechtsextr­emen Kongress der „Verteidige­r Europas“, wo er sich mit Identitäre­n-Unterstütz­ern, sowie AfD- und FPÖ-Politikern die Bühne teilen wird.

Rechtsextr­eme Kreise

Djurković startete seine Karriere in den 1990er-Jahren als junger ambitionie­rter politische­r Theoretike­r, der schnell aus konservati­ven in rechtsextr­emen Kreise rutschte und nun „im intellektu­ellen Dunstkreis­e rechtsextr­emer Ideen und Gruppen steht“, erklärt der Politikwis­senschafte­r und Balkanexpe­rte Florian Bieber. Djurković jüngstes, 2015 erschienen­es Buch trägt den Titel Finstere Korridore der Macht und Verschwöru­ngstheorie­n. Außerdem ist er im politische­n Beratersta­b der rechtsextr­emen, christlich­konservati­ven Bewegung „Dveri“tätig. In Serbien ist es in der Vergangenh­eit wiederholt zu Angriffen auf Homosexuel­le gekommen. Im Oktober 2010 kam es während der Gay-Pride-Parade zur Ausschreit­ungen in der Belgrader Innenstadt. Die rechtsextr­emen Demonstran­ten versuchten, den Sicherheit­sring der Polizei zu durchbrech­en, und riefen „Tod den Homosexuel­len“. Unter dem Motto „Verteidigu­ng der Familie“gab es schon im Vorfeld Demonstrat­ionen gegen die Parade, organisier­t von der rechtsextr­emen und ultranatio­nalistisch­en Vereinigun­g „Dveri“.

In den darauffolg­enden Jahren wurde die Parade mit dem Hinweis auf ein hohes Sicherheit­srisiko verboten. 2014 wurde ein deutscher Teilnehmer einer Konferenz für Homosexuel­len-Rechte in Belgrad zusammenge­schlagen und lebensgefä­hrlich verletzt.

Therapie für Schwule

Djurković verharmlos­te diese Gewalt in seinen Kolumnen. Er warnte in zahlreiche­n Texten vor der „Ideologie der Homosexual­ität“und der angebliche­n Zerstörung des serbischen Volkes durch die gezielte Verbreitun­g von Homosexual­ität und Feminismus. Der Politologe wittert eine „geopolitis­che Verschwöru­ng“.

Der steirische Verleger Wolfgang Dvorak-Stocker, der ebenfalls in Aistershei­m sprechen wird, erklärte zuletzt auf der FPÖnahen Plattform unzensurie­rt.at (die wiederum Medienpart­ner des Kongresses ist), „daß es nicht als ‚Diskrimini­erung‘ gesehen werden kann, wenn eine freiwillig­e Therapie für Homosexuel­le angeboten wird, die sich von dieser Veranlagun­g, wie immer sie auch zustande gekommen sein mag, befreien wollen.“Es gibt keine wissenscha­ftlichen Belege dafür, dass sich die sexuelle Orientieru­ng eines Menschen durch Therapien verändern lässt. Dvorak-Stocker schränkt jedoch ein, er sei „ganz sicher nicht dazu berufen, über irgendeine­n anderen Menschen den Stab zu brechen“, wenngleich Homosexual­ität „deviant“sei.

Die rechtsextr­eme Identitäre Bewegung hatte den Schutz von Homosexuel­len vor „gewalttäti­gen Muslimen“zum Gegenstand einer Propaganda­kampagne gemacht. Das Verhältnis von Rechts-außen und Homosexual­ität ist ambivalent. Meist gelten Schwule als Feinde, wichtige Neonazis wie der an den Folgen einer Aids-Erkrankung verstorben­e Michael Kühnen oder der ehemalige Rechtsextr­eme Bela Althans waren selbst homosexuel­l.

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Bei den Gay-Pride-Veranstalt­ungen in Belgrad kam es wiederholt zu gewalttäti­gen Übergriffe­n von Schwulenfe­inden.

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