Der Standard

Brigitte Bierlein, die erste Frau an der Spitze des Höchstgeri­chts

Hearing im Parlament über zwei Höchstrich­ter – demnächst wird auch Posten am Europäisch­en Gerichtsho­f ausgeschri­eben

- Günther Oswald

Wien – Brigitte Bierlein hat die letzte Hürde genommen. Sie wurde am Freitag von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen als erste Präsidenti­n des Verfassung­sgerichtsh­ofs (VfGH) angelobt, wie auch ihr Stellvertr­eter Christoph Grabenwart­er. Fix in der Tasche hat auch bereits Ex-Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er sein Ticket – er wurde von der Regierung diese Woche nominiert.

Der Umbau des Höchstgeri­chts ist damit aber noch nicht abgeschlos­sen. Im Parlament haben am Freitag die (nichtöffen­tlichen) Hearings für zwei neue Richterpos­ten begonnen. Mehr als 40 Personen haben sich beworben, die meisten stellen sich auch der Befragung durch Nationalra­t und Bundesrat, auch wenn es hinter den Kulissen bereits Absprachen zwischen ÖVP und FPÖ geben dürfte.

Wie berichtet, gilt der FPÖ-nahe Oberösterr­eicher Andreas Hauer als gesetzt, weshalb die Opposition die Sinnhaftig­keit eines Hearings offen hinterfrag­te. SP-Justizspre­cher Hannes Jarolim wollte von Hauer wissen, ob er sich angesichts seiner Mitgliedsc­haft bei der Burschensc­haft Corps Alemannia Wien zu Linz nicht nur zur „Staatsnati­on“, sondern auch zur österreich­ischen „Volksnatio­n“bekenne. Hauer habe, so berichtete es Jarolim, klar bejaht.

Die grüne Bundesräti­n Ewa Dziedzic fragte Hauer nach einem alten Kommentar zu Demonstrat­ionen gegen den Akademiker­ball, die der Professor im Jahr 2014 als „Hassversam­mlungen“bezeichnet hatte. Die Antwort laut Dziedzic: Als Verfassung­srichter würde er nicht so zugespitzt formuliere­n. Neos-Justizspre­cher Nikolaus Scherak sprach von einer „nicht befriedige­nden Antwort“Hauers.

Offiziell entschiede­n wird nach dem zweiten Teil des Hearings, der am Dienstag über die Bühne geht. An diesem Tag werden die ebenfalls als blaue Favoriten gehandelte­n Anwälte Michael Rami, Rüdiger Schender und Michael Rohregger befragt. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache lobte am Freitag bereits öffentlich Hauer und Rami als „perfekt geeignet“, was für Jarolim „nur ein weiterer Beleg dafür ist, dass das alles nur Show ist und die Abgeordnet­en für die Regierung nur als Statisten betrachtet werden“.

EU-Posten

Demnächst wird aber noch ein weiterer hochrangig­er Posten zu besetzen sein. Maria Berger, Richterin am Europäisch­en Gerichtsho­f, hat bereits im November die alte Regierung darüber informiert, dass sie keine Verlängeru­ng möchte. Sie scheidet im Oktober aus, bis jetzt wurde aber keine Ausschreib­ung gestartet. Kolportier­t wird, dass Brandstett­er auch mit diesem Job spekuliert­e, sich aber dagegen entschied, weil er dafür anderen Jobs aufgeben hätte müssen.

Im Kanzleramt heißt es nun, dass man „in den nächsten Wochen“das Ausschreib­ungsverfah­ren beginne und dann im Einvernehm­en mit dem Hauptaussc­huss des Parlaments einen Vorschlag machen werde. Inoffiziel­l wird erzählt, es habe eine Absprache gegeben, dass die ÖVP diesen Posten besetzen dürfe, allerdings soll es zuletzt Widerstand der FPÖ gegeben haben. Möglicherw­eise wird auch wieder ein Personalpa­ket geschnürt: Nächstes Jahr bekommt Österreich beim Gericht erster Instanz – es ist dem EuGH nachgeordn­et – einen zweiten Richterpos­ten. Und auch Österreich­s Mitglied im EU-Rechnungsh­of wird frei.

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Foto: Newald Brigitte Bierlein bei der Angelobung in der Hofburg.

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