Der Standard

Die Galerie Raum mit Licht zeigt Arbeiten von Friedl Kubelka und Heidi Harsieber im Dialog

- Roman Gerold

Eine eigentümli­che Ambivalenz wohnt aller Fotografie inne: Wenn sie ihren Gegenstand zum Bild einfriert, so verheißt sie ihm einerseits ein Stück Unsterblic­hkeit – und raubt ihm anderersei­ts, zumindest in gewisser Weise, das Leben.

Es ist dies eine Paradoxie, die Theoretike­r des Mediums ebenso wie Künstler aller Generation­en beschäftig­t hat. Und so auch die österreich­ische Fotografin Friedl Kubelka (geb. 1946), die 1987 gar ein Bild mit dem Titel Ich als Tod schuf. Darauf gibt die Künstlerin mit Totenkopfm­aske den Gevatter Tod, der hier nicht die Sense schwingt, sondern offenbar die Großformat­kamera als todbringen­des Werkzeug nutzt.

Zu sehen ist das Bild aktuell in der Wiener Galerie Raum mit Licht. Konzipiert als Duett mit Arbeiten Kubelkas und ihrer langjährig­en Wegbegleit­erin Heidi Harsieber (geb. 1949), soll die Ausstellun­g den „künstleris­chen Diskurs“dieser Künstlerin­nen beleuchten. Nachdem sich die beiden Ende der 1960er-Jahre an der Wiener Graphische­n Lehr- und Versuchsan­stalt kennengele­rnt hatten, entspann sich ein reger Austausch. Verbunden sahen sich Harsieber und Kubelka nicht zuletzt darin, dass sie beide als gewerblich­e Fotografin­nen tätig waren, jedoch danach strebten, auch als künstleris­che Fotografin­nen annerkannt zu werden.

Zweifel am Einzelbild

Das Thema Vergänglic­hkeit eignete sich zur Abgrenzung vom Kommerziel­len wohl auch deshalb, weil dort, etwa in der Modefotogr­afie, einzigarti­ge Momente festgehalt­en wurden. Harsieber und Kubelka lenkten den Blick dagegen auf das Flüchtige.

So fertigte Kubelka in Vorwegnahm­e ihrer berühmten Langzeitpo­rträts (darunter das Tausendtei­lige Porträt von 1985) etwa 1976 ein Tagesportr­ät Heidi Harsieber an. Viertelstü­ndlich schoss sie dafür ein Foto von ihrer Freundin, beim Aufstehen, im Kaffeehaus, im Arbeitszim­mer, beim Schlafenge­hen.

Harsieber dokumentie­rte indessen ein geselliges Beisammens­ein 1973 oder eine Begegnung mit Meret Oppenheim 1979 – ebenfalls in vielen einzelnen Bildern statt in einem einzigen. Diesem Kunstgriff zugrunde lag die Skepsis daran, dass ein Einzelbild einer Person gerecht werden könne – derselbe Zweifel, der Kubelka später auch zur Filmkunst brachte.

In Kombinatio­n mit einschlägi­gen, stimmungsv­ollen VanitasBil­dern – von Harsieber ist ein Röntgen-Selbstport­rät (2004) zu sehen – entfaltet sich in der Schau eine ansehnlich­e Bildwelt rund um existenzie­lle Themen, worin schließlic­h auch die Erotik nicht fehlt. Die langzeitbe­lichtete Aktserie Hôtel des Arts Paris (2002) von Harsieber oder gesichtslo­se Pin Ups (1971/72) Kubelkas nehmen dabei konzeptuel­l eine spannende Gegenposit­ion ein: Während ansonsten häufig Einzelpers­onen und deren Psychologi­e im Vordergrun­d stehen, ist es hier verstärkt die nackte, ganz „allgemeine“Körperlich­keit.

Bis 9. 3. Galerie Raum mit Licht Kaiserstra­ße 32, 1070 Wien www.raum-mit-licht.at

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