Wo der Rauchfangkehrer Tippgeber wird
Ein Unternehmen saniert Bastlerhits und verkauft sie weiter
Wien – Eine sanierungsbedürftige Wohnung günstig zu kaufen, herzurichten und dann mit Gewinn weiterzuverkaufen, dieses Konzept ist nicht neu. In den USA üben sich auch Private im sogenannten House Flipping. In Österreich übernehmen das Unternehmen, seit rund einem Jahr beispielsweise die „Wohnungsmacher“. „Wir wollten das aber anders aufsetzen“, sagt Friedrich Csörgits, einer der drei Geschäftsführer. Etwa was den schnellen Ankauf der Wohnungen angeht: „Wer uns am Montag kontaktiert, kann seine Wohnung am Freitag schon verkauft haben“, so Csörgits.
Denn Anbote und Kaufverträge seien vorgefertigt, dank Investoren sei man kapitalstark. Und auch das Bewertungssystem für die Wohnungen sei automatisiert: Die Einkäufer geben bei der Besichtigung am Tablet bestimmte Parameter – etwa Baujahr und Größe der Wohnung – ein sowie eine Schätzung, wie umfangreich saniert werden muss, ab. Diese Informationen werden dann an die drei Partner – neben Csörgits sind Ewa Karatzis und Dieter Rapp an Bord – verschickt, die sofort entscheiden, ob ein Kaufanbot gelegt werden soll oder nicht.
Scheidungen und Todesfälle
Interessant sei das beispielsweise für Menschen, die rasch Geld brauchen, so Csörgits: „Wir sind Scheidungsexperten.“Denn oftmals gehe es darum, möglichst schnell die gemeinsame Wohnung zu verkaufen und das Geld untereinander aufzuteilen. Auch bei Todesfällen würden Erben oft unter Zeitdruck stehen. Eine weitere Zielgruppe seien Verlassenschaftsabwickler wie Notare oder Anwälte. Auch Makler würden sich immer wieder mit sanierungsbedürftigen Wohnungen melden und so nicht nur Provisionen beim Verkauf an die Wohnungsmacher lukrieren, sondern sie würden auch später mit dem Verkauf beauftragt und ein weiteres Mal kassieren.
Zudem setzt man auf Tippgeber: Über ein Onlineformular kann anonym ein Hinweis gegeben werden, wo eine Wohnung zu haben sein könnte. Wird die Wohnung dann tatsächlich gekauft, bekommt der Tippgeber 1000 Euro, verspricht Csörgits.
Viele dieser Tipps kommen von einem Netzwerk an Professionisten. Etwa von Rauchfangkehrern oder Installateuren: „Die kennen die Häuser und kommen mit den Leuten ins Gespräch.“Auch Frisörinnen würden sich melden: „Wo sonst sitzt man regelmäßig eine Stunde lang und erzählt aus seinem Leben?“
Nur rund 20 Prozent der Wohnungen, die besichtigt werden, werden am Ende aber auch gekauft, sagt Csörgits. Häufiges K.-o.Kriterium seien die Preisvorstellungen der Verkäufer: „Manche erzählen uns, dass die Fliesen noch mit dem kürzlich verstorbenen Ehemann verlegt wurden. Aber wenn wir fragen, wann das war, heißt es: ‚In den 1980er-Jahren.‘“Auch Erdgeschoßwohnungen sowie Wohnungen in Häusern ohne Lift – sofern die Wohnung nicht im ersten oder zweiten Stock liegt – werden nicht gekauft. Die Wohnungen müssen zudem im Umkreis von maximal 800 Metern zur nächsten U-Bahn liegen.
Teilweise gebe es Schnäppchen. Allerdings würden mitunter schon bei der Entrümpelung hohe Kosten entstehen: „Unlängst haben wir viereinhalb Tonnen Schutt aus einer Wohnung geholt.“Auch von anderen Überraschungen weiß Csörgits ein Lied zu singen: „Als wir in einer Wohnung die Badezimmerfliesen entfernten, war dahinter plötzlich eine Tür zur Nachbarwohnung. Statt Dämmwolle stießen wir dahinter auf leere Sektflaschen.“Als die Bodenfliesen entfernt wurden, sah man durch die morschen Balken in die Wohnung des Nachbarn darunter. „Das sind natürlich Überraschungen, die ins Geld gehen.“
Eigenes Farbkonzept bei Sanierungen
Am Ende dürfe der Verkaufspreis der Wohnungen Quadratmeterkosten von 4000 Euro nicht überschreiten. Zehn Wohnungen wurden im ersten halben Jahr nach der Unternehmensgründung saniert, weitere vier sind in der Pipeline. Die sanierten Wohnungen sollen einen Wiedererkennungswert haben: Daher kommen eigene Farbkonzepte zum Einsatz, in den Bädern wird etwa auf viel Grün gesetzt. Eine Sanierung dauert vier bis sechs Wochen. (zof)