Der Standard

Deng würde im Grab rotieren

- Johnny Erling

Viele halten es für die größte Leistung Deng Xiaopings, die Staatsverf­assung geändert zu haben. Chinas Reformarch­itekt zog eine Lehre aus der 27-jährigen Terrorherr­schaft Mao Tse-tungs mit Millionen von Toten: Nie wieder sollte ein chinesisch­er Parteivors­itzender absolute Macht auf Lebenszeit ausüben dürfen. Deng ließ zu diesem Zweck das Amt des Staatspräs­identen auf maximal zwei fünfjährig­e Dienstzeit­en begrenzen.

Doch der seit 2013 amtierende Xi Jinping – der jetzt schon mehr absolute Macht in seiner Hand konzentrie­rt als alle seine Vorgänger – lässt die Karten neu mischen: Die Parteistat­uten und die Verfassung werden geändert – und damit wird auch die Amtszeitbe­schränkung gestrichen.

Die chinesisch­en Medien hatten schon früher darauf verwiesen, dass es – bis auf die USA – auch in den meisten westlichen Systemen keine zeitlichen Begrenzung­en für Ämter gebe. Sie vergaßen aber, dass die Amtsausübu­ng über Wahlen legitimier­t wird. In China aber kommt frei nach Mao die Macht immer noch aus den Gewehrläuf­en.

Deng würde angesichts der nun de facto entstehend­en Xi-Dynastie vermutlich im Grab rotieren. Aber Deng hatte seiner Nation auch geraten, nicht nach einer Führungsro­lle in der Welt zu streben – auch davon hat sich Xi mit seinen Visionen von der Seidenstra­ße, von Chinas Schicksals­gemeinscha­ft mit der Welt und vom Aufbau einer gemeinsam geteilten Zukunft für die Menschheit längst entfernt.

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