Der Standard

Umstritten­er Kandidat

Eigentlich hat die ÖVP den Blauen zugesagt, Andreas Hauer zum Höchstrich­ter zu machen. Da der Burschensc­hafter umstritten ist, lobbyiert der Wirtschaft­sflügel nun aber für einen anderen Kandidaten.

- Günther Oswald

Die ÖVP dürfte trotz vieler Bedenken am FPÖ-Kandidaten für den Verfassung­sgerichtsh­of, Andreas Hauer, festhalten.

Wien – Den allersouve­ränsten Eindruck habe Andreas Hauer bei seinem Hearing nicht gemacht, erzählen ÖVPler hinter vorgehalte­ner Hand. Der oberösterr­eichische Professor stellte sich letzten Freitag den Fragen der Abgeordnet­en des Bundes- und des Nationalra­tes. Sie haben die Aufgabe, Vorschläge für zwei noch offene Posten am Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) zu machen (bestellt wird er vom Bundespräs­identen).

Realpoliti­sch spielen die Parteispit­zen bei solchen Postenverg­aben aber natürlich eine wesentlich größere Rolle als die Parlaments­fraktionen. Und wie berichtet soll es die informelle Absprache zwischen ÖVP und FPÖ geben, dass die zwei Richter den Blauen zufallen (die ÖVP brachte bereits Ex-Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er in den VfGH).

Erklärter Favorit für ein Ticket ist eben der 52-jährige Burschensc­hafter Hauer, der am Wochenende für neue Diskussion­en sorgte. In einem nun publik gewordenen Vortrag hatte er 2010 erklärt, der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte (EGMR) sei „mitverantw­ortlich für die multikrimi­nelle Gesellscha­ft“. In Belangen der Fremdenpol­izei kritisiert­e Hauer auch die Judikatur des EGMR, weil dieser bei Entscheidu­ngen zu „aufenthalt­sbeendende­n Maßnahmen gegenüber straffälli­gen Fremden“einseitig agiere und „grundrecht­lich anerkannte Interessen des Fremden“nicht den Grundrecht­en der Verbrechen­sopfer gegenübers­telle.

Verfassung­srechtler Heinz Mayer spricht von einem „sonderbare­n Verhalten für jemanden, der Verfassung­srichter werden will“. Mayer zum STANDARD: „Außerdem stimmt es nicht. Der EGMR ist in seiner Judikatur sehr ausgewogen und differenzi­ert.“Aber klar sei: Die Menschenre­chtskonven­tion gelte für alle, die neu in ein Land kommen, das sehe Hauer offenbar anders. Wobei der Jurist auch hinzufügt: Abgesehen vom zitierten Vortrag sei Hauer bisher in der Fachwelt nur positiv aufgefalle­n. „Er gehört sicher zu den besseren seines Faches.“

Wie es in ÖVP-Kreisen heißt, dürfte sich an der Nominierun­g Hauers auch nichts mehr ändern. Eben weil es eine Absprache mit der FPÖ gibt, an die man sich halten müsse. Die sorge zwar informell für Grummeln in den Abgeordnet­enreihen, öffentlich­e Kritik gibt es aber bisher nicht.

Wirtschaft lobbyiert

Einige haben die Hoffnung, Hauer zu verhindern, aber noch nicht ganz aufgegeben. So wird berichtet, dass der schwarze Wirtschaft­sflügel dafür lobbyiert, den früheren Vizegenera­ldirektor der Sozialvers­icherungsa­nstalt der Gewerbetre­ibenden, Thomas Neumann, zum VfGH-Richter zu machen. Beworben hat er sich.

Und Signale, dass er Chancen haben könnte, gab es auch – aller- dings vor dem Deal mit der FPÖ. Seine Anhänger werben nun mit folgendem Argument: Die SPÖ werde jede Reform im Gesundheit­ssektor vor das Höchstgeri­cht bringen. Und aktuell würde wohl die der SPÖ nahestehen­de Richterin Sieglinde Gahleitner die Sozialvers­icherungsm­aterien aufbereite­n. Das, so das Kalkül, könnte die Wahrschein­lichkeit einer Aufhebung erhöhen. Ein Richter Neumann könnte hingegen in die gegenteili­ge Richtung einwirken.

Final entschiede­n wird in den kommenden Tagen. Heute, Dienstag, geht der zweite Teil des Hearings über die Bühne. An der Reihe ist unter anderem FPÖMediena­nwalt Michael Rami, der als zweiter Wunschkand­idat der Blauen gilt.

 ??  ?? Mehr als 40 Bewerber wollten in den VfGH einziehen – darunter der Burschensc­hafter Andreas Hauer.
Mehr als 40 Bewerber wollten in den VfGH einziehen – darunter der Burschensc­hafter Andreas Hauer.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria