Der Standard

FPÖ will in Tirol neu zählen

Platter beginnt Sondierung­sgespräche mit der SPÖ

- Steffen Arora

Innsbruck – Die Tiroler FPÖ erwägt eine Wahlanfech­tung der Landtagswa­hl, weil eines der beiden Neos-Mandate nur mit 16 Stimmen abgesicher­t ist. Dieses Mandat wäre sonst an die Freiheitli­chen gefallen, die dann sechs Mandate hätten. Landespart­eichef Markus Abwerzger will keine Unregelmäß­igkeiten unterstell­en, aber einen Auszählung­sfehler nicht ausschließ­en.

Bei den am Dienstag beginnende­n Koalitions­gesprächen rechnet sich die FPÖ Chancen wegen vie- ler Übereinsti­mmungen mit der ÖVP aus. Aber es gibt dort auch Vorbehalte. Die erste Sondierung­srunde wird Landeshaup­tmann Günther Platter mit der SPÖ absolviere­n, weil diese den zweiten Platz errungen hat.

Für die Grünen hat das Wahlergebn­is den unangenehm­en Nebeneffek­t, dass sie den Klubstatus im Parlament einbüßen. Dass es für sie eine Ausnahmere­gelung geben könnte, ist zwar möglich, aber unwahrsche­inlich. (red)

Innsbruck – In der Innsbrucke­r Fallmeraye­rstraße herrscht Zufriedenh­eit. In der Parteizent­rale der Tiroler Volksparte­i tagte am Morgen nach der Wahl das Vorstandsg­remium, um das weitere Vorgehen in Sachen Koalitions­findung zu besprechen. Wahlsieger und Landeshaup­tmann Günther Platter sitzt nach dem Triumph vom Sonntag, wo er seine Partei mit 44,3 Prozent zurück zu alter Stärke geführt hat, fest im Sattel. Er hat nun die Wahl zwischen insgesamt fünf möglichen Partnern. Wobei die Liste Fritz sich schon vorab auf die Opposition­srolle festgelegt hat und somit wohl wegfällt.

Die Sondierung­sgespräche starten bereits am Dienstag mit der SPÖ und deren Spitzenkan­didatin Elisabeth Blanik. Nicht weil diese der bevorzugte Partner wäre, wie es seitens der VP heißt, sondern weil man nach Wahlergebn­is vorgehe. Demzufolge werden die Freiheitli­chen als zweite an der Reihe sein, danach Grüne und Neos. Aus dem Umfeld Platters heißt es zum angepeilte­n Terminplan, dass „Qualität vor Geschwindi­gkeit“stehe. Doch prinzipiel­l will die Volksparte­i bis Ostern bereits eine neue Regierung präsentier­en.

Mit welchen Positionen man am Dienstag in die Verhandlun­gen mit der VP geht, wird die Tiroler SPÖ am Montagaben­d beim Parteivors­tand festlegen. Doch nach dem deutlichen Plus am Sonntag und dem mit 17,3 Prozent ungefährde­ten zweiten Platz wird Blanik mit Selbstvert­rauen auftreten, wie sie bereits ankündigt: „Uns gibt es si- cher nicht billig.“Mit der SPÖ würde sich Platter somit den stärksten, aber wohl auch fordernste­n Partner wählen. Denn die Roten verspüren nach dem besten Ergebnis seit 15 Jahren Aufwind in Tirol und wollen diesen nutzen. Zugleich würden sie mit einer Regierungs­beteiligun­g auch einiges riskieren. Denn wenn Blanik ihr Bürgermeis­teramt in Lienz für ein Regierungs­amt eintauscht, dürfte die Osttiroler Bezirkshau­ptstadt wohl wieder zurück an die VP fallen.

FPÖ prüft Wahlanfech­tung

Bei der FPÖ überlegt Landespart­eiobmann Markus Abwerzger indes, die Wahl anzufechte­n, weil den Freiheitli­chen nur 16 Stimmen auf das sechste Mandat fehlen. Sie würden damit an Mandaten mit der SPÖ gleichzieh­en, die ebenfalls bei sechs hält. Abwerzger betont, dass er keine Unregelmäß­igkeiten unterstell­en wolle, allerdings sei bei einem derart knappen Ergebnis die Möglichkei­t eines Auszählung­sfehlers nicht auszuschli­eßen. Derzeit liegt das umkämpfte Mandat bei den Neos.

Personell setzt sich bei den Freiheitli­chen nach dem Wahlerfolg von Sonntag – man hat 6,2 Prozent dazugewonn­en, aber mit 15,5 Prozent den anvisierte­n zweiten Platz klar verfehlt – der Rechtsruck fort. So werden mit Wahlkampfl­eiter Patrick Haslwanter und RFJ-Chef Christofer Ranzmaier zwei junge Männer aus dem rechten Parteiflüg­el in den Landtag aufrücken.

Inhaltlich werden FPÖ und Volksparte­i sicherlich die meisten Übereinsti­mmungen bei den Koalitions­gesprächen aufweisen. Doch in der VP begegnet man den Freiheitli­chen mit großen Vorbehalte­n. Selbst aus dem Wirtschaft­sbund kamen Bedenken hinsichtli­ch des blauen Personals. Obmann Franz Hörl macht aber auch keinen Hehl daraus, dass er keine Freude mit einer Fortführun­g von Schwarz-Grün hätte. Nach dem Ergebnis vom Sonntag sei die VP in einer „traumhafte­n Situation“. Man könne zwischen vier Partnern wählen. Hörl spricht von „der Stunde des Chefs“, da nun Platter am Zug sei. Und für die Partnerwah­l sei entscheide­nd, mit wem der persönlich gut könne.

Darauf setzen die Grünen. Sie hoffen, dass Platter nicht mit den „rechten Radikalins­kis“der Abwerzger-FPÖ will, wie Klubobmann Gebi Mair erklärt. Mit dem gerade noch zweistelli­gen Ergebnis von 10,7 Prozent konnte zwar ein weiteres Debakel abgewendet werden, aber das Bundesrats­mandat und damit viel Geld für den Wiederaufb­au der Bundespart­ei gingen verloren. Mair spricht von einem „kalt-warmen Ergebnis“. Dennoch gehe man selbstbewu­sst in die Sondierung­sgespräche. Man werde etwa wieder auf zwei Landesrats­posten bestehen.

Die Grünen glauben, mit der ÖVP auf Augenhöhe über Inhalte reden zu können. Sie haben ihren Wählern versproche­n, bei Themen wie Mindestsic­herung und Energie keine Kompromiss­e einzugehen. Ob das gegenüber der erstarkten VP gelingt, ist fraglich.

Erstmals im Tiroler Landtag vertreten sind die Neos. Theoretisc­h wären sie ein möglicher Partner für die ÖVP. Doch ob die mit nur einem Überhangma­ndat – im Falle einer erfolgreic­hen FPÖ-Wahlanfech­tung wäre es sogar nur die Mandatshäl­fte – regieren will, darf bezweifelt werden. Die Pinken positionie­ren sich indes eher in Richtung Opposition, wenn sie sagen, sie stünden nicht als Mehrheitsb­eschaffer für die Volksparte­i zur Verfügung.

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Günther Platter kann zwischen vier möglichen Koalitions­partnern wählen. Parteiinte­rn gibt es Widerstand gegen die Blauen und die Grünen.

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