In Lebenskrise gegen den Staat
Mildes Urteil für reuige Tiroler Staatsverweigerin
Feldkirch/Innsbruck – Millionen wollte eine Akademikerin von Tiroler Richtern und Staatsanwälten erpressen. Sie gehörte zu einer nicht näher benannten Gruppe von Staatsverweigerern. Das sind Personen, die Nationalstaaten ablehnen und Verschwörungstheorien anhängen. Verhandelt wurde am Montag wegen Befangenheit der Tiroler Justizbehörden in Vorarlberg.
Grad sei ihr Lebensweg verlaufen, vorher. Und grad verlaufe er auch jetzt wieder, sagt die Tirolerin. Dazwischen habe es eine Phase gegeben, da sei alles daneben gegangen: Die Selbstständigkeit habe in Schulden geendet, ein Jahr sei sie ohne Arbeit gewesen, die Mutter lag im Sterben, sie selbst sei gesundheitlich am Sand gewesen. Da sei ein Mensch in ihr Leben getreten, der eine Zeit lang eine wichtige Rolle für sie gespielt habe. Dieser Mensch habe sich mit Themen beschäftigt, die ihr neu waren.
Und schon hört die 46-jährige Erziehungswissenschaftlerin – mit „Frau Magister“wird sie von der vorsitzenden Richterin Claudia Hagen respektvoll angesprochen – wieder auf zu erzählen. Sie trage selbst die Verantwortung für ihr Tun, sagt die Angeklagte in Tränen aufgelöst.
Die Liste der Anklage ist lang: versuchter gewerbsmäßiger schwerer Betrug, versuchte Nötigung, versuchte Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt, versuchte schwere Erpressung, üble Nachrede, Mitgliedschaft in einer staatsfeindlichen Verbindung. Die Akademikerin hatte in der Le- benskrise Trost bei sogenannten Staatsverweigern gesucht. Für diese rechtsesoterischen Aktivisten sind Staaten nicht mehr als Firmen.
Die Angeklagte verschickte an Tiroler Richter, Staatsanwälte und den Polizeidirektor Briefe, in denen die Vertreter des österreichischen Staates aufgefordert wurden, Amtshandlungen zu unterlassen und rund 6,8 Millionen Euro an ein US-Schuldenregister zu überweisen. „Wenn Sie jetzt glauben, die Frau hat einen Sprung in der Schüssel, kann ich Ihnen das nicht verdenken“, sagt die Angeklagte. Sie sei weder rechtskundig, noch ein Zahlenmensch, habe nicht wirklich gewusst, was sie da mache, rechtfertigt sich die Frau. Sie habe sich in einer Art Schockstarre befunden, kritische Stimmen nicht wahrgenommen. „Heute bin ich damit fertig“, sagt sie. Warum sie die Straftaten begangen hat, könne sie sich selbst nicht erklären. Da ein Geständnis vorlag, wurden keine Zeugen geladen. Die Anklageschrift wurde nicht verlesen. Ein tieferer Einblick in das Unwesen und die Rekrutierungstaktiken von Staatsverweigerern wurde der Öffentlichkeit dadurch vorenthalten.
Weil die Angeklagte ihre Taten bereut und wieder einer geregelten Tätigkeit nachgeht, „einer sehr schweren – als Sozialpädagogin in einer Einrichtung für gestrauchelte Jugendliche“, wie ihr Verteidiger German Bertsch betonte, fiel das Urteil mild aus: 12 Monate auf drei Jahre bedingt und eine unbedingte Geldstrafe von 6480 Euro plus Verfahrenskosten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.