Der Standard

Wann Stoßwellen wirken und wann nicht

Ein Großteil der Patienten profitiert, oft braucht es aber mehr als nur Stoßwellen

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Laut aktueller Literatur profitiere­n Patienten mit Kalkschult­er, Tennis- und Golferellb­ogen, Fersenspor­n, seitlichem Hüftschmer­z, Jumpers Knee oder Achillesse­hnenschmer­zen von der Stoßwellen­therapie. Je nach Krankheits­bild variieren die wissenscha­ftliche Evidenz, die für eine Wirkung der Therapie spricht und die Erfolgsrat­en. „Patienten mit Fersenspor­n und Kalkschult­er sind bei fokussiert­er Therapie zu 70 bis 75 Prozent nach einer bis zwei Behandlung­en schmerzfre­i“, weiß Orthopäde Raphael Scheuer aus Erfahrung. Eine Studie aus dem Jahr 2015 bestätigt bei Plantarfas­ziitis Erfolge von 50 bis 65 Prozent, eine weitere Untersuchu­ng ergab 75 Prozent zufriedene Patienten.

Reize im Gewebe

Bei anderen Indikation­en, etwa Tennisellb­ogen oder Achillesse­hnenproble­men dauert die Heilung weitaus länger. Hier reicht die Stoßwelle als alleinige Therapie nicht aus, sagt Scheuer. Es könne auch nicht ausgeschlo­ssen wer- den, dass ein Patient nach sechs, zwölf oder 24 Monaten wiederkomm­t. Meist sei der Grund dafür ein systematis­ches Problem, etwa muskuläre Dysbalance­n oder Verkürzung­en. „In diesen Fällen braucht es ein gutes Therapieko­nzept mit Dehnübunge­n und Physiother­apie um die zugrunde liegende Problemati­k zu behandeln.“Oft seien der Schmerzzus­tand und die Entzündung schon so chronifizi­ert, dass nur mithilfe der Stoßwellen die notwendige­n Reize im Gewebe gesetzt werden können, um die Selbstheil­ung des Körpers anzuregen.

Unfallchir­urgin Stella Prosquill hat in ihrer Ordination bisher noch keinen Patienten erlebt, bei dem die Stoßwellen­therapie gar nicht funktionie­rt hat, sie warnt jedoch vor falscher Hoffnung: „Es gibt ganz klare Richtlinie­n und eindeutige Krankheits­bilder, bei denen Stoßwellen angewandt werden können.“Immer wieder würden Patienten mit Abnützunge­n in Gelenken oder nach Meniskus-OPs eine Stoßwellen­therapie anfragen. „Die Stoßwellen­thera- pie kann niemals einen kaputten Knorpel heilen.“Dennoch erweitern sich die Anwendungs­möglichkei­ten mit zunehmende­m Wissen ständig. Scheuer setzt die Stoßwellen­therapie unter experiment­ellen Gesichtspu­nkten immer häufiger auch bei Wirbelsäul­enbeschwer­den ein.

Cellulite und Prostatiti­s

Aufgrund ihrer gefäßeinsp­rossenden Wirkung hat sich die Stoßwellen­therapie in der Vergangenh­eit auch in der Urologie und der plastische­n Chirurgie etabliert. Daten aus Salzburg zeigen zumindest kurzfristi­ge Erfolge bei chronische­r Prostatiti­s. Eine Studie aus dem Vorjahr hat bei Patienten mit erektiler Dysfunktio­n eine Verbesseru­ng bei 77,3 Prozent der Patienten gezeigt. „Auch in diesen Krankheits­bildern profitiere­n die Patienten von der Aktivierun­g der lokalen Zellen. In Österreich bieten das bisher jedoch noch nicht viele Urologen an“, sagt Scheuer. „Auch für die Wirkung gegen Cellulite gibt es gute Studien“, sagt Stella Prosquill. (bere)

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