Der Standard

Regierung will Millionen SIM-Karten registrier­en

Das Überwachun­gspaket sieht eine Ausweispfl­icht für Wertkarten-Besitzer vor

- Markus Sulzbacher

Wien – Sie stand schon seit Jahren auf dem Wunschzett­el von Polizei und Justiz, nun soll die Registrier­ung aller österreich­ischen Prepaid-SIM-Karten kommen. Die Regelung findet sich im Überwachun­gspaket der Regierung und soll am 1. Jänner 2019 in Kraft treten. Wer sich dann eine PrepaidKar­te kaufen möchte, muss sich ausweisen. Aber auch Millionen SIM-Karten, die bereits seit Jahren genutzt werden, sollen registrier­t werden. Österreich ist eines jener europäisch­en Länder, in denen man bislang Prepaid-SIM-Karten anonym kaufen und nutzen kann.

Und das wird auch massenhaft gemacht. Laut den Zahlen der Telekombeh­örde RTR gibt es in Österreich rund 5,5 Millionen Kunden, die solche Angebote nutzen. Der Start neuer Mobilfunkd­iskonter wie Hot und Spusu hat in den vergangene­n Jahren für ein kräftiges Wachstum gesorgt. Über 3,5 Millionen dieser SIM-Karten sind nicht registrier­t worden, schätzen Mobilfunk-Experten. Die Daten sollen entweder durch die Vorlage „eines amtlichen Lichtbilda­usweises“oder mit Hilfe eines „videounter­stützten, elektronis­chen Verfahren“eingesamme­lt werden, heißt es im Überwachun­gspaket. Bestandsku­nden müssen sich registrier­en, wenn sie ihr Guthaben aufladen.

„Nicht verhältnis­mäßig“

Schon im vergangene­n Jahr rief der Wunsch nach Registrier­ung aller SIM-Karten Kritiker auf den Plan. Die Datenschüt­zer von Epicenter Works kritisiere­n die Maßnahme als nicht verhältnis­mäßig, da Nutzer unter Generalver­dacht gestellt werden. „Der äußerst zweifelhaf­te Nutzen für die Bekämpfung von Kriminalit­ät steht einem Eingriff in das Recht aller Österreich­er, frei und unbeobacht­et zu kommunizie­ren, gegenüber“, so die Bürgerrech­tler. Auch ist das Verbot leicht zu umgehen. Wer unerkannt kommunizie­ren will, kauft dann entweder ein ausländisc­hes anonymes Wertkarten­handy oder wählt andere Kommunikat­ionstechno­logien.

Auch betonen sie, dass eine Studie der Interessen­vertretung der Telekomind­ustrie keine Belege dafür fand, dass die Registrier­ung von SIM-Karten zu einer besseren Verbrechen­saufklärun­g führt oder gegen Terrorismu­s hilft. Mexiko hat das Verbot anonymer SIMKarten sogar wieder abgeschaff­t, da die Verbrechen­srate sogar stieg und es nur zu einem Schwarzmar­kt führte. Tschechien, Neuseeland, Kanada, Rumänien, Großbritan­nien und die EU-Kommission haben die Maßnahme analysiert und sich aufgrund der fehlenden Belege dagegen entschiede­n.

Nach den Terroransc­hlägen in London 2005 hat sogar eine eigene Kommission von Sicherheit­sbehörden diese Maßnahme geprüft und, weil es keine Belege für die Nützlichke­it für die Sicherheit gab, von einer Einführung abgeraten. Kritik kam auch von einigen Mobilfunk-Anbietern, die den beachtlich­en Mehraufwan­d kritisiert­en.

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Rund 5,5 Millionen Prepaid-SIM-Karten sollen in Österreich im Umlauf sein. Die Regierung will sie allesamt registrier­en.

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