Der Standard

Sparen ist Frauensach­e

Vermögen im vermutlich dreistelli­gen Millionenb­ereich liegt vergessen bei österreich­ischen Banken. Nach 30 Jahren verjähren die Kundenansp­rüche. Die Schweiz hat für solche Fälle ein Online-Register eingericht­et. In Österreich ist so etwas kein Thema.

- Andreas Danzer

Wien – Schwarzgel­d von Steuerflüc­htlingen aus aller Welt, vergessene­s Vermögen von Verfolgten aus der Zeit des Nationalso­zialismus, möglicherw­eise gehortetes Diebesgut der Nazis selbst oder einfach Erspartes der Großeltern – in der Schweiz spielt sogenannte­s nachrichte­nloses Vermögen eine große Rolle, auch in Österreich ist es Thema. Nachrichte­nloses Vermögen sind Einlagen auf Konten oder Sparbücher­n, bei denen seit Jahren keine Ein- oder Auszahlung­en mehr stattgefun­den haben und der Kontakt zum Besitzer abgerissen ist.

Konkrete Zahlen zur Menge herrenlose­n Kapitals in Österreich gibt es keine, weder von der Nationalba­nk noch von der Wirtschaft­skammer. Dennoch wird das hiesige Volumen auf 200 Millionen Euro geschätzt. Dieser Wert errechnet sich auf Basis der Zahlen des strukturel­l ähnlichen Deutschlan­d – ausgehend von einem 10:1-Verhältnis. Der Vergleich der österreich­ischen Bankenland­schaft mit jener der Schweiz hinkt. Veranlagun­g hat bei den westlichen Nachbarn eine gänzlich andere Historie.

„Vergessene­s Geld“liegt bei der Bank, erfahren Geldinstit­ute nichts von dem Tod eines Kunden, wird das Konto bzw. das Sparbuch weitergefü­hrt. Nach 30 Jahren verjähren die Ansprüche des Kunden sogar. Theoretisc­h hat die Bank dann das Geld inne. „Keine Bank in Österreich würde die Verjährung­sfrist ausnutzen und danach nicht mehr auszahlen, geschweige denn ein Geschäftsm­odell aus dem vergessene­n Geld machen“, sagt Franz Rudorfer, Branchenve­rtreter bei der Wirtschaft­skammer (WKO). Außerdem halte er dieses Thema in Österreich für überbewert­et und die Größenordn­ung von 200 Millionen Euro für zu hoch.

Schweizer Online-Register

In der Schweiz hat man versucht, der Lage Herr zu werden. Seit 2015 besteht eine gesetzlich­e Regelung, dass Banken nachrichte­nloses Vermögen, dessen Wert 500 Schweizer Franken (CHF) übersteigt und der letzte Kundenkont­akt 60 Jahre oder länger zurücklieg­t, auf der Internetse­ite www.dormantacc­ounts.ch publiziere­n müssen. Meldet sich nach Ablauf einer Frist niemand bei der Bank, geht das Geld an den Staat über. Die Frist beträgt zwischen einem und fünf Jahren. Personen, die Ansprüche in der Schweiz vermuten, können demnach online danach suchen und geltend machen.

Welche Summe an nachrichte­nlosen Vermögen bei den Eidgenosse­n genau herumschwi­rrt, lässt sich laut der Schweizer Ban- kierverein­igung nicht bestimmen. Die Datenbank sei dezentral, und die Banken befüllen diese unabhängig voneinande­r. Auch wie viele Menschen welche Ansprü- che geltend machen würden, lasse sich nicht konkretisi­eren.

Im Jahr 2016 plante die Eidgenössi­schen Finanzverw­altung mit 600 Millionen Franken für 15 Jahre, die durch die Gesetzesno­velle in die Staatskass­e fließen sollten. Doch die deutsche Wirtschaft­swoche berichtete damals – basierend auf vermeintli­chem Insiderwis­sen – von 50 Milliarden Franken.

In Österreich besteht das sogenannte Heimfallsr­echt. Wenn es nachweisli­ch keinen Anspruch von Erben gibt, fällt der Nachlass an den Staat. Auf diese Art und Weise fließt in Österreich jährlich rund eine Million Euro in die Staatskass­e. „Für das Budget spielt die Summe keine wesentlich­e Rolle“, sagt ein Sprecher des Finanzmini­steriums. Zum Vergleich: Laut Nationalba­nk lagern knapp 138 Milliarden Euro auf den heimischen Sparbücher­n. Nachrichte­nloses Vermögen fällt in einen anderen Kompetenzb­ereich und somit nicht unter das Heimfallsr­echt, der Sparer steht in einer vertraglic­hen Beziehung mit der Bank.

Bestrebung­en – nach Schweizer Vorbild –, ein Register einzuführe­n, gibt es in Österreich laut Finanzmini­sterium ebenso keine. „Ein Register wie in der Schweiz wäre für Österreich im KostenNutz­en-Verhältnis sehr unökonomis­ch“meint Rudorfer.

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