Der Standard

Messner gibt Maria Elena Boschi, was er Sebastian Kurz verweigert­e

Südtiroler Bergsteige­rlegende betreibt Wahlhilfe für die Sozialdemo­kraten – SVP unterstütz­t zwei italienisc­he Kandidaten

- Gerhard Mumelter aus Bozen

Im italienisc­hen Wahlkampf sorgt in der nördlichst­en Provinz des Landes, in Südtirol, vor allem eine Kandidatur für Polemiken: jene der sozialdemo­kratischen Staatssekr­etärin Maria Elena Boschi auf der Liste der Südtiroler Volksparte­i (SVP). Eine Entscheidu­ng, die im Fußvolk der Sammelpart­ei für einiges Naserümpfe­n sorgte. Die Bedenken der SVP-Vertreter ihres Wahlkreise­s konnte die Staatssekr­etärin allerdings bei einem Glas Wein im Avantgarde-Bau der Südtiroler Kellerei Tramin rasch zerstreuen.

Die 36-jährige, die zu den engsten Vertrauten ihres Parteichef­s Matteo Renzi gehört, ist durch die staatliche Rettung der toskanisch­en Banca Popolare dell’Etruria ins Gerede gekommen. In deren Vorstand spielte ihr Vater eine wichtige Rolle. Nach Überzeu- gung politische­r Gegner hat sie sich bei der Bankenaufs­icht zu intensiv um die Rettung des Instituts in ihrer Heimatstad­t Arezzo bemüht.

Für die Entscheidu­ng der SVP war aber ein ganz anderer Aspekt maßgeblich: Boschi hat aktiv an den neuen Autonomieb­estimmunge­n mitgewirkt. Und das hat noch einem zweiten Italiener einen sicheren Listenplat­z in Südtirol beschert: Gianclaudi­o Bressa, dem in Rom bisher für Minderheit­en zuständige­n Staatssekr­etär.

SVP kann zufrieden sein

Das Bündnis mit dem Partito Democratic­o (PD) war für den von der SVP gewünschte­n Ausbau der Autonomie ergiebig: 24 neue oder erweiterte Befugnisse wurden in dieser Legislatur­periode gebilligt – darunter die einträglic­he Zuständigk­eit für die Brenner-Autobahn und die Großkraftw­erke.

Widerstand gegen Boschis Kandidatur in Südtirol regte sich selbst in ihrer eigenen Partei: Deren Bozner Obmann Alessandro Huber wehrte sich gegen die Bevormundu­ng aus Rom – vergeblich. Landtagspr­äsident Roberto Bizzo und mehrere Gemeinderä­te kehrten der Partei aus Protest den Rücken.

Boschis Rivalin, die aus Bozen stammende Abgeordnet­e Michaela Biancofior­e, verdankt ihre Laufbahn hingegen dem Konservati­ven Silvio Berlusconi, den sie als „herausrage­nde politische Persönlich­keit“verehrt.

Doch neuerdings hat Biancofior­e ihre Liebe zur Südtiroler Autonomie entdeckt und wirbt um deutschspr­achige Wähler – unter üppiger Verwendung des SVP-Symbols Edelweiß: „Ich bin eine echte Blume dieses schönen Landes!“Noch vor wenigen Jahren hatte die 48-jährige das Hissen der grün-weiß-roten Trikolore „auf allen Bauernhöfe­n“gefordert. Als Verantwort­liche des Südtiroler Forza-ItaliaAble­gers hatte sie permanent Konflikte provoziert, bis Berlusconi eine kommissari­sche Verwaltung verfügte.

Biancofior­e ortet in Südtirol eine „schleichen­de Sezession“und prangert das österreich­ische Angebot der Doppelstaa­tsbürgersc­haft an.

In Umfragen liegt aber Boschi klar vorne und konnte Reinhold Messner als Wahlhelfer gewinnen. Ihr gewährte die Bergsteige­rlegende, was er Sebastian Kurz im Sommer noch versagt hatte: eine gemeinsame Bergtour. Boschi sei „eine gute Geherin, sympathisc­h und intelligen­t“befand Messner, der in Bozen mit einem Auftritt und Appell zur Nachhaltig­keit für den einzigen überfüllte­n Saal im eher müden Wahlkampf sorgte.

Von Südtirols Opposition­sparteien haben sich nur die Grünen zur Kandidatur entschloss­en – im Verbund mit der kleinen neuen Linksbeweg­ung Liberi e Uguali. Die Rechtspart­eien – Freiheitli­che und Südtiroler Freiheit – machen die SVP für die Tücken des neuen Wahlrechts verantwort­lich und verzichten auf eine „aussichtsl­ose“Kandidatur. Das wiederum weist die Sammelpart­ei als Propaganda zurück. Die SVP liebäugelt am 4. März mit einem Rekorderge­bnis: Im Bündnis mit den Trentiner Autonomist­en könnte sie erstmals sechs Abgeordnet­e nach Rom entsenden. Die Wahl gilt als Generalpro­be für die Landtagswa­hlen im Herbst.

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Foto: AP / S. Cavalli Renzis Vertraute Maria Elena Boschi auf Tour in Südtirol.

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