Der Standard

Wir verschleud­ern sehr viel Energie“

Die Standard- Standpunkt­e-Diskussion widmete sich der Frage, wie die Energienet­ze der Zukunft aussehen könnten.

- Die Standpunkt­e-Diskussion ist eine entgeltlic­he Einschaltu­ng in Form einer Medienkoop­eration mit Wiener Netze. Die redaktione­lle Verantwort­ung liegt beim Standard.

Wien – Stellen Sie sich vor, Sie bleiben im Lift stecken oder hängen hoch oben am Sessellift, weil der Strom ausfällt. Mit diesen Worten leitet Moderator und

STANDARD- Redakteur Günther Strobl die Diskussion „Standpunkt­e“in Wien zum Thema Energienet­ze der Zukunft ein. Ein sogenannte­s „Blackout“, also einen Totalausfa­ll, wünsche sich niemand. „Unser Energienet­z befindet sich in einem großen Umbruch“, meint Brigitte Ederer vom gemeinnütz­igen Verein Forum Versorgung­ssicherhei­t, „vor allem durch den Aufstieg von erneuerbar­en Energien.“Denn Sonneneins­trahlung schwanke genauso wie die Stärke des Windes, was die Stromerzeu­gung insgesamt schwierige­r planbar mache. Der Energiemar­kt individual­isiere sich immer stärker, Konsumente­n werden zu sogenannte­n „Prosu- mern“, die sich mit Solarpanel­s ihren eigenen Strom erzeugen. Das führe auch zu sozialen Fragen, etwa wer die Kosten für jene übernimmt, die nicht genug Geld haben, um eigenen Strom zu produziere­n.

Überlastun­g durch E-Autos

Herausford­erungen sieht Ederer beim Strombedar­f von Elektroaut­os. Es könnte das Stromnetz überlasten, wenn viele zur selben Zeit geladen werden müssen. Heimische Netzbetrei­ber sollten ihren Strom speichern dürfen, um das Netz im Falle von Dunkelflau­ten, das heißt, wenn weder die Sonne scheint, noch der Wind bläst, vor dem Ausfall zu bewahren. Im Falle eines Stromübers­chusses könnte daraus vermehrt Gas erzeugt werden, das wieder in die Infrastruk­tur eingespeis­t werden könnte.

Für eine sogenannte Sektorkopp­lung von Strom und Gas spricht sich auch Peter Weinelt aus, Generaldir­ektor-Stellvertr­eter bei den Wiener Stadtwerke­n. Während es Anfang der 90er-Jahre gerade einmal ein bis zwei Dutzend Kraftwerks­betreiber in Österreich gab, habe sich die Einspeisun­g in das Energienet­z bis heute vertausend­facht. Die Infrastruk­tur bei den Netzen habe es nicht geschafft, in derselben Geschwindi­gkeit mitzuwachs­en.

Um mit dem Aufgebot an kleinen dezentrale­n Stromerzeu­gern fertigzuwe­rden, arbeitet die TUProfesso­rin Albana Ilo an einer Aufteilung der Energienet­ze in sogenannte Links, die vergleichb­ar mit den Gliedern einer Kette sind. Jedes Netz werde einer eigenen Einheit zugeordnet, die mit ihren umliegende­n Nachbarn kommunizie­re. Noch bestehe das Problem vor allem darin, dass das Stromnetz auf einer bestimmten Frequenz und Spannung gehalten werden müsse. Speisen mehr dezentrale Erzeuger ins Netz ein, könne dies das Netz instabil machen, so Ilo.

Hundert Prozent Erneuerbar­e

Das Ziel für die österreich­ische Stromerzeu­gung sei klar: Bis 2030 sollen laut Maßnahmenp­aket der Regierung hundert Prozent des Stroms aus erneuerbar­en Energieque­llen kommen, erklärt Josef Plank, Generalsek­retär beim Bundesmini­sterium für Nachhaltig­keit und Tourismus. Derzeit werden etwa drei Viertel des Stroms aus Erneuerbar­en erzeugt.

Zusätzlich sei der Stromverbr­auch in Österreich in den letzten Jahren noch weiter gewachsen. Um mit dieser Entwicklun­g mitzuhalte­n, müsse die Effizienz erhöht werden, so Plank. „Wir verschleud­ern sehr viel Energie.“Das seit 2014 beschlosse­ne Energieeff­izienzgese­tz habe bisher nicht effizient funktionie­rt.

Einig ist man sich dabei, dass durch die Dezentrali­sierung auch die Abhängigke­it von Importen verringert werden könnte. Wirkliche Unabhängig­keit sei trotzdem schwer, meint Ederer: Statt des Stroms kommen dann die Paneele für die Photovolta­ik aus China, die Rohstoffe für Batterien werden in politisch instabilen Regionen gewonnen. Von Nachhaltig­keit könne schwer die Rede sein. (jp)

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Von links: Strobl (Standard), Ederer (Versorgung­ssicherhei­t), Weinelt (Wiener Stadtwerke), Ilo (TU Wien) und Plank (BMNT).

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