Der Standard

Raucherpet­ition wurde „weggeschmi­ssen“

Die verschwund­ene Privatpeti­tion gegen ein Rauchverbo­t aus dem Jahr 2015 soll beim Umzug der ÖVP Wien entsorgt worden sein, heißt es aus Kreisen der Volksparte­i. Die Initiative wurde nie überprüft, FPÖ-Funktionär­e zitieren sie dennoch bis heute.

- Katharina Mittelstae­dt

Wien – Als die Wiener ÖVP im Herbst 2016 in die Bundespart­ei zog, weil der alte Standort zu teuer wurde, übergab sie den Keller „leer und besenrein“, wie sich der Nachmieter der Räumlichke­iten erinnert. Zehntausen­de Zettel mit Unterschri­ften für eine private Raucherpet­ition, die dort zuvor angeblich gelagert waren: verschwund­en. Wie berichtet, hatte der damalige ÖVP-Landesgesc­häftsführe­r Alfred Hoch die Dokumente im Jahr 2015 ins Untergesch­oß gebracht, um sich später damit zu befassen, wie er sagt, doch dann kam ihm seine Ablöse dazwischen. Heute will in der ÖVP Wien niemand etwas von Kartons mit Unterschri­ften wissen. Wo sind sie also hin?

Wie der STANDARD nun erfahren hat, wurde die Privatpeti­tion wohl entsorgt: „Die haben die Zettel beim Umzug weggeschmi­ssen“, sagt ein ÖVP-Funktionär, der nicht namentlich genannt werden will. „Das Rauchverbo­t war damals unter Dach und Fach. Keiner hätte gedacht, dass man diese Unterschri­ften noch einmal brauchen könnte.“

Für Strache ist Petition Beleg

Relevant wären die Papiere heute vor allem deshalb, weil FPÖ-Politiker die drei Jahre alte Unterschri­ftenaktion regelmäßig als Beleg dafür anführen, dass die Bevölkerun­g beim Thema Rauchen gespalten sei. Sogar Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache zitiert sie immer wieder. Der Gastronom Heinz Pollischan­sky, Initiator der Privatpeti­tion, behauptet, es gebe annähernd 500.000 Unterzeich­ner – offiziell nachgeprüf­t wurde das nie. Auch der ExÖVP-Funktionär Hoch – selbst Rauchverbo­tsgegner –, dem Pollischan­sky die Dokumente übergeben hatte, zählte nie nach. Das aktuelle Nichtrauch­ervolksbeg­ehen hält derzeit bei etwas mehr als 460.000 Unterstütz­ern.

Etwa zur selben Zeit, als Pollischan­sky gemeinsam mit anderen Wirten und Trafikante­n Unterschri­ften sammelte, starteten die Freiheitli­chen eine amtliche Petition mit dem Titel „Nein zum absoluten Rauchverbo­t“, um gegen die Nichtrauch­erschutzpl­äne der damaligen rot-schwarzen Regierung mobil zu machen. In etwas mehr als vier Monaten bekamen die Blauen 643 Unterschri­ften zusammen, geht aus der parlamenta­rischen Dokumentat­ion hervor.

Pollischan­sky trat mit seiner Liste „Wir Wollen Wahlfreihe­it“(WWW), deren Hauptanlie­gen das Rauchen in der Gastronomi­e war, auch bei der Wien-Wahl 2015 an. Damals bekam er 1709 Stimmen – also 0,21 Prozent. Der Gastronom bleibt dennoch dabei, dass sich an seine Unterschri­ftenaktion fast eine halbe Million Menschen beteiligt hatten: „Bei 480.000 haben meine Sekretärin und ich aufgehört zu zählen, dann kamen aber noch welche dazu“, sagt er im Gespräch mit dem STANDARD. Er hätte die Zettel nun selbst gerne zurück und habe auch bei der ÖVP Wien angefragt, aber noch keine Rückmeldun­g erhalten.

Eigentlich hatte Pollischan­sky die Initiative an den damaligen ÖVP-Chef und Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er adressiert. Als Rauchverbo­te in Lokalen und Wirtshäuse­rn immer lauter gefordert wurden, wollte er aufzeigen, wie viele Menschen hinter den Gastronome­n stehen und rauchen wollen. Mitterlehn­er habe Pollischan­sky die Petition aber nicht abgenommen und ihn lediglich an die ÖVP Wien verwiesen.

Wirt übernahm ÖVP-Keller

Eines weiß der Gastronom gewiss: Der alte Keller der ÖVP Wien war und ist bis heute leer, sagt er. Nachmieter der Räumlichke­iten ist nämlich Pollischan­sky selbst. Die Landespart­ei hatte ihre Zentrale in der Lichtenfel­sgasse an der Ecke zum Rathauspla­tz, dort befand sich auch die hauseigene Weinbar „Wieno“. Pollischan­sky hat diese übernommen, durchgebro­chen und vergrößert. Auch das Weinsortim­ent, das ausschließ­lich Wiener Weine umfasste, baute er aus – zum Ungemach einiger schwarzer Stammgäste, wie Berichten von Lokalmedie­n aus der Zeit zu entnehmen ist.

Pollischan­sky beteuert, dass er niemanden habe ärgern wollen: „Der Vormieter hat die Räumlichke­iten der Hausverwal­tung zurückgege­ben, von der habe ich sie übernommen. Mit der ÖVP hatte das wenig zu tun.“

 ?? Foto: Getty ?? Eine private Raucherpet­ition aus dem Jahr 2015 sollen rund 500.000 Menschen unterzeich­net haben, sagt der Initiator und Gastronom Heinz Pollischan­sky. Belegen kann er das nicht. Die Unterschri­ften sind im alten Keller der ÖVP Wien verschwund­en, den der Wirt inzwischen selbst mietet.
Foto: Getty Eine private Raucherpet­ition aus dem Jahr 2015 sollen rund 500.000 Menschen unterzeich­net haben, sagt der Initiator und Gastronom Heinz Pollischan­sky. Belegen kann er das nicht. Die Unterschri­ften sind im alten Keller der ÖVP Wien verschwund­en, den der Wirt inzwischen selbst mietet.

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