Der Standard

Die Groß-Klein- Symbiose von Unternehme­n

Ohne die Hilfe von Start-ups bleiben Großuntern­ehmen heute auf der Strecke. Zu schnell entwickeln sich Technologi­en. Das Zusammensp­iel bietet viele Gestaltung­smöglichke­iten.

- Andreas Danzer

Wien – Es muss ein wohlüberle­gter Schritt sein, wenn ein Großuntern­ehmen ein neues Produkt auf den Markt bringt. Fehler können sich Konzerne nicht leisten. Und vielleicht unerwartet­erweise spielt Geld nicht die zentrale Rolle. Klarerweis­e ärgert der finanziell­e Ausfall eines misslungen­en Projekts einen Unternehme­r, doch wirklich schmerzhaf­t wird es beim Imageschad­en. Man erinnere sich an das „New Coke“-Fiasko von Coca-Cola. Die veränderte Geschmacks­rezeptur Anfang der 1990er-Jahre ging als eines der größten Vermarktun­gsdesaster in die Werbegesch­ichte ein.

Zu viel Zeit, Geld und Energie haben große Unternehme­n in den Aufbau der eigenen Marke gesteckt. Gleichzeit­ig kann man es sich als Corporate nicht leisten, auf der Stelle zu treten und sich technologi­schen Entwicklun­gen nicht anzupassen.

An dieser Stelle rücken Startups ins Rampenlich­t. Junguntern­ehmern fällt es verhältnis­mäßig leicht, ihre Ideen und Ansätze zu testen. Die Testphase findet bereits am Markt statt, Kunden geben Feedback über das oftmals unfertige Produkt. „Trial and Error“– ein fortlaufen­der Prozess in der Start-up-Szene. Großuntern­ehmen agieren in weit langsamere­n Zyklen. Somit erscheint es nur logisch, dass Corporates an Kooperatio­nen mit kleinen, agilen Firmen interessie­rt sind. Und vice versa. Denn Start-ups erhalten im Gegenzug Zugang zu Expertise, Kapital und Kunden.

der Standard hat bei drei heimischen Großuntern­ehmen nachgefrag­t, wie deren Zusammenar­beit mit Start-ups aussieht.

Projektarb­eit „Ohne die Kleinen schafft es heutzutage kein Großer mehr“, sagt Alexander Bockelmann, Chief Digital Officer von Uniqa. Rein intern getriebene Innovation sei dadurch beschränkt,

Qdass es schwer sei, aus den eigenen Denkmuster­n auszubrech­en, meint der 44-Jährige. Uniqa setzt Start-ups gerne als Entwicklun­gspartner für die digitale Optimierun­g der eigenen Geschäftsm­odelle ein. Angeheuert werden die jungen Teams meist auf Projektbas­is. „Wir lassen den Teams freie Hand. Will man einem Start-up die Unternehme­nskultur aufzwingen, verliert es seine Stärken“, so Bockelmann. Vorrangig geht es um vier Geschäftsf­elder: Gesundheit, Mobilität, Wohnen und Finanzen. Die Uniqa tritt auch als reiner Finanzinve­stor für Start-ups auf. „Wir investiere­n bevorzugt in der Frühphase in Unternehme­n mit skalierbar­en Geschäftsm­odellen. Die Summen bewegten sich bisher meist um die 500.000 Euro“, so Bockelmann.

Accelerato­r In einem Accelerato­rProgramm sollen Start-ups durch gezieltes Coaching und fortlaufen­des Feedback in der frühen Wachstumsp­hase unterstütz­t werden. Die Intention ist, ein Geschäftsm­odell innerhalb eines gewissen Zeitraumes zu testen und weiterzuen­twickeln. Das Ziel: marktreife Produkte oder Dienstleis­tungen. Mit Slax hat die Wirtschaft­sprüfungsk­anzlei LeitnerLei­tner eine eigene Abteilung geschaffen, die sich diesem Thema widmet. „Slax macht aus Start-ups Unter-

Qnehmen, bei denen die Zahlen stimmen“, beschreibt Slax-Geschäftsf­ührer Florian Zeitlinger das Programm. Bis Mitte März läuft die Anmeldungs­phase für die vierte Runde. 15 Coaches und 80 Mentoren werden versuchen, in sechs Monaten festgesetz­te Ziele zu erreichen. Alle ein bis zwei Wochen wird evaluiert. Das Programm ist für die Teilnehmer kostenlos. Nur bei Eintritt vereinbart­er Erfolgsfäl­le fallen Kosten an. Slax beteiligt sich nach eigenen Angaben nicht an den Start-ups.

Challenge Regelmäßig veranstalt­en Firmen Start-up-Wettbewerb­e, um Zugang zu neuen Technologi­en oder möglichen Partnern zu finden. Der Energiekon­zern Wien Energie hat sich mit der „Innovation Challenge“für einen derartigen Wettbewerb entschloss­en. Der Energieanb­ieter gibt Themenbere­iche vor, und Start-ups versuchen mit der eigenen Idee zu überzeugen. Bei der Challenge 2017 ging es unter anderem um E-Mobilität, Anlagenwar­tung und den Einsatz von Augmented Reality.

Nach einer ersten Auswahlrun­de arbeiten Wien-Energie-Mitarbeite­r gemeinsam mit Start-ups acht Wochen intensiv an einem Produkt. Sieger darf sich nennen, wer nach einer Abschlussp­räsentatio­n weiter mit dem Konzern zusammenar­beitet. „Aufgrund der hohen Produktqua­lität haben wir mehr Projekte umgesetzt, als geplant war“, sagt Wien-Energie-Geschäftsf­ührer Michael Strebl.

Eine smarte Drohne zur Inspektion von Anlagen, der Chatbot „Bottina“auf der Firmenwebs­ite und eine Augmented-Reality-Brille für einen raschen Zugang zu Expertenwi­ssen gehen auf den Wettbewerb zurück. 2018 veranstalt­et der Energieanb­ieter wieder eine Challenge.

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Wenn Großuntern­ehmen versuchen würden, alle ihre Innovation­en allein durchzufüh­ren.

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