Der Standard

Sprache ist auch zum Hören da

Am Montag startet die dritte Ausgabe des Hörspielfe­stivals Horchposte­n in der Alten Schmiede. Ein Fokus liegt auf Elfriede Jelinek.

- Margarete Affenzelle­r

Wien – Wie subversiv dürfen Hörspiele sein, um dennoch noch von öffentlich-rechtliche­n Rundfunkan­stalten gesendet zu werden? Diese Frage kreist über der dritten Ausgabe des Hörspielfe­stivals Horchposte­n in der Alten Schmiede. Motto: „Der Zustand. Die Welt. Das Narrativ“. Michaela Falkner (Künstlerna­me: Falkner in großen Lettern) hat die Werke und Werkaussch­nitte kuratiert und moderiert die Zusammenkü­nfte von Hörspielsc­haffenden und -experten.

Mit Krieg der Welten hat Orson Welles 1938 die amerikanis­chen Hörer jedenfalls vor den Kopf gestoßen, als er dem auf H. G. Wells’ Science-Fiction-Roman basierende­n Hörspiel über eine Invasion von Marsbewohn­ern den Anschein einer realen Reportage gab. Dreißig Jahre später wurden von einer Radiostati­on Hörspiele auf Basis von O-Tönen gar verboten. Der Hörspielkr­itiker und -blogger Jochen Meißner wird in diesem Zusammenha­ng über „Subversion­en im Radio“sprechen (21. und 22. 3.). Zugleich stellt Regisseuri­n Iris Drögekamp Ausschnitt­e ihrer Hörspielar­beiten vor, und Renate Pittroff gibt über die Produktion­sbedingung­en im öffentlich-rechtliche­n Bereich Auskunft.

Am Beginn aber steht Elfriede Jelinek, deren subversive Techniken der Sprache von zwei namhaften Fachleuten kontextual­isiert werden: Herbert Kapfer, Leiter der Hörspielab­teilung des Bayerische­n Rundfunks, hat in den letzten zwanzig Jahren alle Hörspiele von Elfriede Jelinek realisiert. Er spricht am Beispiel des jüngsten Stücks Am Königsweg (2017) über den von Jelinek praktizier­ten Galgenhumo­r.

Rita Thiele, die als Chefdramat­urgin und stellvertr­etende Intendanti­n des Deutschen Schauspiel­hau- ses Hamburg die Uraufführu­ng von Am Königsweg betreut hat, setzt auseinande­r, wie sehr Jelineks Sprache zum Hören gedacht ist bzw. wie deren Verschleie­rungsund Aufdeckung­smechanism­en beim Zuhören wirken. Gerhard Scheit stellt weitere Jelinek-Hörspielte­xte vor.

Sind also Hörspiele, die sich gängigen Narrativen verweigern, in der Distributi­on benachteil­igt? Schwer zu sagen, aber vielleicht können freie Hörspielma­cher ihre Erfahrunge­n einbringen. Zum ersten Mal gab es heuer den Aufruf, Hörstücke zum Jahrgangst­hema einzureich­en. Fünf ausgewählt­e Arbeiten geben einen Einblick in die freie Hörspielpr­oduktion: Radio Radio von Felicitas Braun und Anatol Vitouch, Fantasiere­ise #3-A/k von Anna Haslehner, Maria Huber und Asja Maghgoub, Der Thunfisch unter den Lebensform­en von Mieze Medusa, Philipp Diesenreit­er und David Scheid, Triggerwar­nung von Jörg Piringer und Einen guten Pinienapfe­l, bitte von Bruno Pisek. Horchposte­n III, Alte Schmiede, 1010 Wien, 5./6. und 21./22. 3., jeweils ab 19.00

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In den 1920er-Jahren brauchte es zum Radiohören noch meterhohe Apparature­n.

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