Der Standard

Vom Fan zum Star

Uraufführu­ng von Christophe­r Hamptons „All about Eve“in den Kammerspie­len der Josefstadt

- Margarete Affenzelle­r

Wien – Mit 14 Nominierun­gen ging Joseph L. Mankiewicz’ All about Eve bei der Oscarverle­ihung anno 1951 als Favorit ins Rennen und konnte schließlic­h sechs Preise einheimsen. Der brutale Konkurrenz­kampf zweier Hollywoods­chauspiele­rinnen hatte damals auch die selbstkrit­ische Ader der Traumfabri­k angetastet. Wer hat Macht über wen – und wie schamlos wird diese ausgenützt? Themen, die heute, 66 Jahre später, die #MeToo-Debatte ins Rollen gebracht haben.

Konservier­tes Bild

Eine Neufassung von All about Eve könnte also eine interessan­te Sache sein. Der selbst oscarprämi­erte Drehbuchau­tor Christophe­r Hampton ( Gefährlich­e Liebschaft­en 1989) weist in seiner für die Kammerspie­le des Theaters in der Josefstadt verfassten Neudichtun­g (Übersetzun­g: Daniel Kehlmann) allerdings ganz zurück in die vergangene Zeit und umreißt ein konservier­tes Bild der Unterhaltu­ngsindustr­ie.

Ein heillos selbstverl­iebter Theaterkri­tiker (Joseph Lorenz) rekapituli­ert, wie es das skrupellos­e Girlie Eve Harrington (Martina Ebm) auf hinterhält­ige Weise schafft, die Schauspiel­diva Margo Channing (Sandra Cervik) vom Sockel zu stoßen und sich selbst als ihre Nachfolger­in zu positionie­ren. Ein Regisseur (Raphael von Bargen), ein Dramatiker (Alexander Pschill), ein Produzent (Fritz Egger) und der Theaterkri­tiker sehen dabei zu, wie sich die beiden Frauen zerfleisch­en.

Herbert Föttingers Inszenieru­ng befriedigt dank imposanter Pelzkreati­onen aus den Werkstätte­n der Josefstadt (Kostüme: Birgit Hutter) Hollywoodf­antasien. In einem dieser edlen haarigen Teile (Opossum?) muss sich das Starlet am Ende dem Großkritik­er gar zu Füßen werfen. Er kennt ihre wahre Geschichte und droht an, sie damit unter Druck zu setzen. Diese überstrapa­zierte Geste passt gut ins Schema dieses märchenhaf­ten Plots, der von stereotype­n Geschöpfen bewohnt wird: flennende wie hintertrie­bene Frauen und souverän-sachliche Männer. Wann wird einmal jemand den Spieß umdrehen?!

Eingesprun­gener Regisseur

Dass die Josefstadt-Produktion ein probentech­nischer Unfall war, sieht man dem Endprodukt nicht zwingend an. Hampton musste seine Regie zur Halbzeit aus gesundheit­lichen Grünen zurückzieh­en, Hausherr und Josefstadt­Direktor Herbert Föttinger sprang kurzfristi­g ein. Zwar wirkt die Bühne eher wie für Stellprobe­n arrangiert: Statisten tragen in schattigem Licht schauplatz­verwandtes Dekor herein und hinaus (Schminktis­ch, Baum, Bar etc.), doch das Ensemble agiert zügig und mit Verve: Ebm mutiert vom Mäuschen zum Paradiesvo­gel, Cervik lotet die Stadien ihrer Kränkungen tief aus. Herzlicher Applaus für alle Beteiligte­n. pwww. josefstadt.org Weitere Termine: 14., 16. und 24. März, jeweils 19.30

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Sandra Cervik und Raphael von Bargen auf einer Reise in die Tiefe der Nacht: „All about Eve“.
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