Der Standard

Van der Bellen und die FPÖ

- Günther Oswald

Alexander Van der Bellen hat viele seiner Wähler enttäuscht. Schon wieder. Der Bundespräs­ident teilte der Öffentlich­keit mit, er werde den Vorschlag der Regierungs­parteien akzeptiere­n und die Bestellung des schlagende­n Burschensc­hafters Andreas Hauer zum Verfassung­srichter unterschre­iben, auch wenn er inhaltlich nicht in allem mit dem Universitä­tsprofesso­r übereinsti­mme. Der frühere Grünen-Chef wird wohl auch keinen Einspruch gegen den zweiten blauen Wunsch für das Höchstgeri­cht, den langjährig­en FPÖ-Medienanwa­lt Michael Rami, erheben. Der wird nächste Woche offiziell vom Bundesrat ins Rennen geschickt.

Agiert Van der Bellen also verantwort­ungslos? Nein, keineswegs. Er macht, was ein Bundespräs­ident tun muss und tun sollte. Er achtet auf die Einhaltung der Verfassung. Die Mitgliedsc­haft in einer Burschensc­haft steht nicht im Widerspruc­h dazu. Ebenso wenig die anwaltlich­e Vertretung einer Partei, auch wenn diese mit ihrer Medienpoli­tik gerade internatio­nal für Negativsch­lagzeilen sorgt.

Journalist­en und Opposition­sparteien können Kandidaten wie Hauer, der den Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte mitverantw­ortlich für die „multikrimi­nelle Gesellscha­ft“macht, natürlich für ungeeignet halten. Ebenso können und sollen sie sich mit Angriffen der Freiheitli­chen auf den ORF oder gar einzelne Journalist­en kritisch auseinande­rsetzen. Der Bundespräs­ident ist aber weder Chefkommen­tator der Republik noch deren oberster Headhunter, dessen Aufgabe es ist, nur genehmes Personal für wichtige Posten im Staatsbere­ich auszuwähle­n.

Es wäre schlichtwe­g überschieß­end, eine staatspoli­tische Krise – nichts anderes wäre es, wenn sich Van der Bellen bei allen türkis-blauen Beschlüsse­n querlegt – auszulösen. Einen Präsidente­n mit Allmachtsf­antasien wollten schließlic­h viele Österreich­er und Österreich­erinnen genau nicht. Van der Bellens Fehler war es also nicht, Hauer zu akzeptiere­n. Es war auch nicht sein Fehler, Heinz-Christian Strache als Vizekanzle­r und Herbert Kickl als Innenminis­ter anzugelobe­n. Sein Fehler war es vielmehr, im Präsidents­chaftswahl­kampf das Gegenteil zu suggeriere­n.

Wer ihm abgenommen hat, er würde jede Machtübern­ahme durch die Blauen verhindern, war naiv. Sein pragmatisc­her Zugang mag nun viele seiner Wähler schmerzen. Vielleicht sollten sie sich beim nächsten Mal überlegen, ob nur die Rechten in Wahlkämpfe­n dick auftragen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria