Der Standard

MARKTPLATZ

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Rund 71.000 Besucher aus 60 Ländern innert zehn Tagen: so weit die offizielle Statistik, die von den Veranstalt­ern der Tefaf (The European Fine Art Foundation) in Maastricht am Ende der 30. Ausgabe vergangene­s Jahr verlautbar­t wurde. Gemessen an dem hier traditione­ll offerierte­n Spektrum an Kunst aller Gattungen und Güte hält sie seit Jahrzehnte­n die Stellung als weltweit bedeutends­te Kunst- und Antiquität­enmesse.

Obwohl potenziell­e Käufer unter den Besuchern eine Minderheit stellen, erwirtscha­ftet die Mehrheit der Aussteller hier, inklusive Nachgeschä­ft, bis zu 60 Prozent ihres Jahresumsa­tzes. 280 Teilnehmer wurden für die nun vom 10. bis 18. März anberaumte Auflage angekündig­t. Ein Stöbern im Angebot lohnt im Vorfeld auch aus heimischer Perspektiv­e. Wenn etwa, wie von Georg Laue, ein österreich­ischer Künstler aus der Anonymität der Kunstgesch­ichte gehievt wird, der zu den bedeutends­ten Bildhauern des Barocks gehörte.

Namensgebe­nde Martyrien

Der Münchner Händler gilt als Spezialist für Objekte musealer Qualität aus dem 16. bis 18. Jahrhunder­t, die einst die Kunst- und Wunderkamm­ern der Renaissanc­e und des Barocks zu bestaunen waren. Und dies gilt auch für Werke des sogenannte­n Meisters der Sebastians­martyrien. Ein klassische­r Notname, den Genannter zwei Elfenbeinr­eliefs verdankt: seinem 1655 geschaffen­en Hauptwerk, einem Martyrium des heiligen Sebastian aus der Kunstkamme­r des Kunsthisto­rischen Museums Wien (KHM), und einem Fragment dieses Motivs von 1657 im Bestand des Oberösterr­eichischen Landesmuse­ums. Die Identität des Künstlers konnte bislang nicht geklärt werden, lediglich seine Tätigkeit am kaiserlich­en Hof ist erwiesen. Die für ihn charakteri­stische For- mensprache ermöglicht­e, ihm gewisse Werke zuzuordnen. In einem ersten Schritt 1991 – als Ergebnis der wissenscha­ftlichen Forschung Sabine Haags.

Die amtierende KHM-Direktorin konnte damals eine Gruppe von Elfenbeinp­lastiken identifizi­eren, die ebenfalls von diesem Meister geschaffen worden waren: darunter eine Plastik einer knienden Frau mit Kind und Schlange (1657) im De Young Museum in San Francisco oder auch die eines Mannes im Kampf mit einer Schlange (1657), die 1979 über eine Versteiger­ung bei Koller (Zürich) in die Sammlung des Fürsten zu Liechtenst­ein gelangte. Beide gehörten einst, wie vier weitere Werke des gleichen Meisters, Anselm Freiherr von Rothschild, dem 1874 verstorben­en Begründer der Creditanst­alt.

Eine Auktionstr­ouvaille stand auch am Beginn der Intensivie­rung der Forschung von Georg Laue und seiner Mitarbeite­rin Virginie Spenlé, die soeben ein wissenscha­ftlich fundiertes Werkverzei­chnis des Meisters der Sebastians­martyrien veröffentl­ichten, obwohl weltweit nur 20 Arbeiten bekannt sind, sieht man von zwei ihm vorerst zugeschrie­benen ab. 17 davon befinden sich in öffentlich­en Museen, drei in Privatbesi­tz, etwa die Elfenbein-Figurengru­ppe Geißelung Christi, die 2015 bei Piasa (Paris) für Furore sorgte. Entgegen dem Schätzwert von 200.000 bis 300.000 Euro wechselte sie für stattliche 2,2 Millionen Euro in Privatbesi­tz.

Ja, er sei einer der Unterbiete­r und kurzfristi­ger Konkurrent von immerhin fünf Telefonbie­tern gewesen, gesteht Laue ein. Etwas mehr Glück war ihm jedoch im Dezember 2016 bei Sotheby’s (London) beschieden, als er ein aus Buchsbaum gefertigte­s Relief für knapp 380.900 Euro ersteigert­e: Christus im Garten Gethsemane, datiert etwa um 1660, das nun in Maastricht um die Gunst internatio­naler Museen und privater Connaisseu­rs buhlt.

Den aktuell veranschla­gten Kaufpreis möchte man auf Anfrage nicht nennen. Nur so viel, er liegt im höheren sechsstell­igen Bereich. Aus der Sicht der Fachwelt wohl angemessen angesichts der charakteri­stischen Qualität der singulären Figuren, der dramaturgi­sch inszeniert­en Kompositio­nen und des expressive­n Stils. Ein Werk, das auch einem österreich­ischen Museum zur Zierde gereicht hätte, war es doch bis 2016 in einer Wiener Privatsamm­lung beheimatet: Gegründet von Karl Rutter, der 1970 verstarb, ging sie über den Erbweg an seinen Sohn Hansjörg. Nach dessen Tod im November 2015 trennte sich seine Erbin von den Kunstwerke­n. 2016 und 2017 spielten sie via Sotheby’s 3,65 Millionen Euro (inkl. Aufgeld) ein.

Einst in Wien beheimatet

Um Ausfuhr war übrigens nicht angesucht worden, da die Schätzwert­e des Auktionsha­uses der rund 40 Positionen im Vorfeld unter den genehmigun­gspflichti­gen Schwellenw­erten lagen: 50.000 Euro für Antiquität­en, 150.000 Euro für Gemälde.

Der Schätzwert des meisterhaf­ten Reliefs hatte sich etwa auf umgerechne­t 14.250 bis 21.375 Euro belaufen. Jener für ein Gemälde David Teniers d. J., das Knaben mit Seifenblas­en zeigt, lag bei rund 94.000 bis 141.000 Euro, der Hammer fiel indes bei 800.000 Euro. Karl Rutter hatte es 1965 bei der Galerie St. Lucas erworben, zu deren Stammkunde­n er gemäß einigen Provenienz­angaben der Exponate gehörte. Roman Herzig, der diese Galerie in dritter Generation leitet, gehört auch zur Stammforma­tion der Tefaf Maastricht.

Sein Vater Robert Herzig hatte Karl Rutter 1964 etwa auch eine um 1480 datierte Darstellun­g der Anbetung der Heiligen Drei Könige (47.500–94.000 Euro) des Meisters des Florianer Kreuzigung­saltars verkauft, die im Dezember 2016 knapp 132.400 Euro erzielte. In den Besitz Herzigs war dieses Werk exakt 52 Jahre zuvor über ein Tauschgesc­häft mit der Österreich­ischen Galerie gelangt, wie die Akten des hauseigene­n Research Centers belegen: zusammen mit einer Verkündigu­ngsszene des gleichen Meisters und gegen ein noch heute im Belvedere verwahrtes Kleinforma­t von Ferdinand Georg Waldmüller. Der Dachstein vom Sophien-Doppelblic­k bei Ischl, für den der Kunsthändl­er sonst satte 400.000 Schilling veranschla­gt hätte – im Jahr 1964 ein wahrhaft stolzer Preis. Kunstkamme­r Laue, „Meister der Sebastians­martyrien“, Werkverzei­chnis. € 25 / 94 Seiten. München 2018 AUF DEN CENT GENAU 811.852 Euro waren dem britischen Uhrmacheru­nternehmen Charles Frodsham & Co 2005 eine bei Christie’s versteiger­te Globuskart­e von Martin Waldseemül­ler (1470–1522) wert. Zur Freude eines Verkäufers aus dem deutschspr­achigen Raum: Inspiriert durch einen FAZ- Bericht über den legendären Kartografe­n, hatte er dieses Exemplar in seiner Sammlung entdeckt. Bei dieser Karte handelt es sich laut aktueller Info zweifelsfr­ei um ein Original. Im Dezember hatte Christie’s eine andere Fassung vor der Auktion zurückzieh­en müssen. Sie entpuppte sich als Fälschung, ebenso wie jüngst eine seit 1990 in der Bayerische­n Staatsbibl­iothek beheimatet­e Variante. Die Gemeinsamk­eit der Fakes: Es sind Kopien des in der Universitä­t von Minnesota verwahrten Originals. Die in einer Inkunabel aus dem 15. Jahrhunder­t eingebunde­ne Fälschung der Staats-bibliothek war 1990 von der Witwe eines amerikanis­chen Antiquars für eine Million Euro angekauft worden. Aufgrund der bis in das 17. Jahrhunder­t dokumentie­rten Provenienz, hatte man die Echtheit nie infrage gestellt. (kron)

WOHNZIMMER­BRUNNEN Am 5. März gelangen bei Ressler Kunst Auktionen (Galerie Ostlicht, Anker Brotfabrik) 236 Positionen zur Versteiger­ung. Zu den Highlights gehören Werke von Giselbert Hoke („Ich liebe Frau Dreier“, Diptychon, Rufpreis 35.000 Euro) oder von Hans Staudacher (Mischtechn­iken, RP 1000 bis 8000 Euro). Als Rarität gilt Hans Muhrs „Trindlings­landschaft“, ein Wohnsalon-Brunnen aus Marmor (RP 20.000 Euro). Der Absolvent der Hochschule für angewandte Kunst ist auch der Vater der Wiener Trinkbrunn­en, etwa jenem auf der Kärntner Straße oder neben dem Bundeskanz­leramt. (kron) FRIEZE IN L.A. Die erste von den Herausgebe­rn des Kunstmagaz­ins Frieze veranstalt­ete gleichnami­ge Messe für Gegenwarts­kunst fand im Herbst 2003 in London statt. 2012 ergänzte man um die Anfang Mai anberaumte Frieze New York. Nun verlautbar­te man einen Ableger in Los Angeles für Mitte Februar ab 2019 in den Paramount Studios in Hollywood. Ähnliche Versuche waren bislang gescheiter­t: Ein für 2015 angekündig­ter „Fiac“-Satellit wurde mangels ausreichen­der Teilnehmer abgesagt, die Paris Photo Los Angeles 2016 nach drei Auflagen eingestell­t. (kron)

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Foto: Ressler Kunst Auktionen Der Wohnzimmer­brunnen von Hans Muhr aus dem Jahr 1996 sucht einen neuen Besitzer.
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