Der Standard

Mithilfe der Lotterien

Novomatic darf seit dem Verbot des kleinen Glücksspie­ls in Wien keine Automaten mehr aufstellen. Der einstige Erzrivale Lotterien hilft nun aus. Die Kartellhüt­er beobachten die Kooperatio­n, die Potenzial haben könnte.

- Georg Eckelsberg­er

Nach dem Verbot des kleinen Glücksspie­ls in Wien setzt Novomatic auf legale Geräte der Lotterien.

Wien – Ließ sich Novomatic-Chef Harald Neumann versehentl­ich in die Karten schauen? Jüngst äußerte er sich am Rande der Londoner Glücksspie­lmesse ICE zu einem kontrovers­en Thema: den neuen Video Lottery Terminals (VLT) im Wiener Prater. VLTs unterschei­den sich spielerisc­h kaum von jenen einarmigen Banditen, die in Wien seit 2015 nicht mehr erlaubt sind. Weil sie über das bundesweit­e Glücksspie­lgesetz geregelt sind, können VLTs aber auch gegen den Willen der Stadtregie­rung betrieben werden.

Laut Neumann sollen die aktuell 50 Automaten im Prater nur der Anfang sein: Insgesamt könnten 500 VLTs in Wien kommen. Am selben Tag trat im Prater die Gewerbeber­echtigung für die VLTs in Kraft, Standort das NovomaticK­asino Admiral-Arena, der Betreiber eine Tochterfir­ma der Österreich­ischen Lotterien. Denn nicht Novomatic, sondern die indirekt teilstaatl­ichen Lotterien besitzen eine Lizenz für VLTs. Doch warum verkündete dann der Novomatic-Chef die Expansions­pläne eines anderen Unternehme­ns?

Bei Novomatic ruderte man umgehend zurück. Neumann habe eine „rein subjektive Einschätzu­ng“abgegeben, korrigiert­e ein Sprecher. Es bestehe „keinerlei Absicht unserersei­ts, das zu tun“. Das Aufstellen von VLTs sei nicht im Ermessen von Novomatic, da die Lotterien die diesbezügl­iche Lizenz hätten.

Unter Beobachtun­g

Die Wettbewerb­shüter sind auf das Vorgehen der Glücksspie­lkonzerne aufmerksam geworden. „Wir beobachten sehr wohl, ob sich dadurch Wettbewerb­sbeschränk­ungen entwickeln“, sagt eine Sprecherin auf Anfrage. Sie verweist allerdings auch auf die Eigenveran­twortung von Novomatic und der Österreich­ischen Lotterien: „Die Unternehme­n unterliege­n einer Selbstbeur­teilung, wir gehen davon aus, dass sie sich kartellrec­htlich gut beraten lassen.“

Dabei geht es um viel: Bei vorsätzlic­her oder fahrlässig­er Zuwiderhan­dlung gegen das Kartellver­bot kann das Kartellger­icht eine Geldbuße von bis zu zehn Prozent des im Vorjahr erzielten Umsatzes verhängen. Neumanns vermeintli­cher Verspreche­r ist heikel. Denn Novomatic darf keinen kontrollie­renden Einfluss auf das operative Geschäft der Österreich­ischen Lotterien ausüben – das wissen beide Unternehme­n spätestens seit 21. Dezember 2016.

Übernahme untersagt

Damals untersagte das Kartellger­icht in zweiter Instanz einen geplanten Zusammensc­hluss von Novomatic und den Casinos Austria und damit indirekt mit deren Tochter, den Österreich­ischen Lotterien. Die Bundeswett­bewerbsbeh­örde hatte vor einer marktbeher­rschenden Stellung in mehreren Bereichen gewarnt – unter anderem auf dem Markt für Automateng­lücksspiel in Wien, Niederöste­rreich und dem Burgenland. Laut Gutachtern wäre der „kombiniert­e Marktantei­l der Zusammensc­hlussparte­ien in der Bandbreite von 68 bis 100 Prozent“gelegen.

Novomatic blieb Minderheit­seigentüme­rin der Casinos Austria und der Lotterien. Seit Anfang Februar blinken und klingeln in der Admiral-Arena erstmals seit dem Verbot des kleinen Glücksspie­ls wieder Automaten – unter der Lotterien-Marke „Win-Win“. Vom gemeinsame­n Standort profitiere­n beide Unternehme­n.

Die Lotterien, die mit der Aufstellun­g der VLTs ein politische­s Gentlemen’s Agreement zwischen Wiens Noch-Bürgermeis­ter Michael Häupl (SPÖ) und dem ehe- maligen Lotterien-Vorstand Friedrich Stickler brechen, ersparen sich Investitio­nen in eigene Lokale. Außerdem lockt an der Adresse Zufahrtsst­raße 141 schon seit 13 Jahren das Flaggschif­f der Novomatic-Tochter Admiral, die Admiral-Arena. Konzession­en für 387 Glücksspie­lautomaten hatte man hier angemeldet – bis Wiens Stadtregie­rung das kleine Glücks- spiel mit 1. Jänner 2015 aus der Stadt verbannte. Auch nach dem Verbot unternahm Novomatic einiges, um die Kundschaft bei Laune zu halten: Per Flyer informiert­e man, wo die nächsten betriebsbe­reiten Automaten zu finden waren – auch Taxikosten sollen erstattet worden sein.

Dank der Lotterien sind die Automaten auf legalem Weg in die Admiral-Arena zurückgeke­hrt. Bald könnten zwei weitere, aktuell leerstehen­de Novomatic-Kasinos wiederbele­bt werden: Laut der Stadtzeitu­ng Falter sollen in drei bis sechs Monaten 100 weitere VLTs im Hommerson-Casino im Wiener Prater und im ehemaligen Casino Monte Laa im Böhmischen Prater in Betrieb gehen. Mit Monte Laa hatte sich Novomatic erfolglos für eine eigene Kasinolize­nz beworben – mithilfe der Lotterien könnte es nun trotzdem bald wiedereröf­fnen. Doch das Vorgehen wirft wettbewerb­srechtlich­e Fragen auf.

„Wenn sich die Österreich­ischen Lotterien beim Mitbewerbe­r einquartie­ren und Novomatic gleichzeit­ig wesentlich­er Aktionär ist, kann man die Frage stellen, inwieweit hier ein koordinier­tes Vorgehen gegeben ist. Und ob dieses Vorgehen eine Wettbewerb­sbeschränk­ung zur Folge hat“, sagt Helmut Gahleitner, Gesellscha­ftsrechtse­xperte bei der Arbeiterka­mmer. Ohne die Verträge oder etwaige Abmachunge­n zwischen den Unternehme­n zu kennen, sei das aber nicht zu beantworte­n.

Neue Pläne

Martin Himmelbaue­r, Pressespre­cher der Casinos Austria, sieht hingegen kein Problem: „Wir suchen generell Standorte, die den Vorgaben des Glücksspie­lgesetzes entspreche­n und ordnungspo­litisch vertretbar sind, und die zudem für potenziell­e Kunden gut erreichbar sind“, schreibt er auf Anfrage. Man habe bei Novomatic angefragt, ob „wir uns in deren Lokalität im Prater einmieten können“, so Himmelbaue­r – er bestätigt die Pläne für die beiden weiteren Standorte.

Vor der Eröffnung habe man alle rechtliche­n Fragen geklärt, „entspreche­nde Gutachten belegen, dass dadurch keine Wettbewerb­sbeschränk­ung, sondern im Gegenteil eine Angebotser­weiterung erfolgt“, schreibt Himmelbaue­r. Einsicht in die Gutachten gewährt man auf Anfrage nicht.

Bei Novomatic will man keine Fragen zum neuen VLT-Angebot in der Admiral-Arena oder zu den Vertragsko­nditionen beantworte­n: Man sei nicht Inhaber der Konzession und dürfe daher VLTs weder aufstellen noch betreiben, meint Unternehme­nssprecher Bernhard Krumpel. Doch es wäre kein gutes Geschäft, würde nicht auch Novomatic profitiere­n: Der Konzern verdient jedenfalls an der Miete. Wie hoch diese ist, wollen weder Novomatic noch die Lotterien preisgeben – das sei generell unüblich, so Himmelbaue­r. Ein Drittel der 50 VLTs stammt außerdem laut Informatio­nen des Falter von Novomatic. Dieser Beitrag stammt vom Recherchen­etzwerk dossier.at.

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Novomatic setzt auf legale Geräte der Lotterien.
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