Der Standard

Merkel will jetzt loslegen, doch es droht bereits erster Streit mit der SPD

Koalitionä­re haben unterschie­dliche Auffassung über Gewichtung von Themen – CSU schickt nur Männer als Ressortche­fs nach Berlin

- Birgit Baumann aus Berlin

Die Regierungs­bildung hat sehr lange gedauert – so lange wie noch nie zuvor nach einer Bundestags­wahl. Doch nun, da auch die SPDBasis ja zur großen Koalition gesagt hat, will Kanzlerin Angela Merkel Tempo machen: „Es ist jetzt gut und wichtig, dass es in ein paar Tagen auch losgeht. Denn wir haben im Grund mit unserem Koalitions­vertrag ein Buch voll mit Aufträgen und Aufgaben, die wir umzusetzen haben, und zwar im Blick auf die Menschen in Deutschlan­d, die mit Recht jetzt auf eine handlungsf­ähige Regierung warten“, sagte sie.

Eine rasche Aufnahme der Regierungs­geschäfte sei auch wegen des drohenden Handelskri­egs mit den USA geboten. Merkel: „Da ist eine starke Stimme Deutschlan­ds, gemeinsam mit Frankreich und anderen Mitgliedst­aaten gefragt, wenn es um die Frage der internatio­nalen Handelspol­itik ganz aktuell geht. Davon hängen viele Arbeitsplä­tze ab.“Union und SPD haben nun auch offiziell den 14. März als Termin für Merkels Wahl im Bundestag fixiert.

Nicht so einig wie in Terminfrag­en sind sich die Koalitionä­re allerdings inhaltlich, hier droht der erste Streit. SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil nennt als erste Schwerpunk­te für die Regierungs­arbeit: Rente, Familien, Bildung, Stärkung des ländlichen Raumes. Unionsfrak­tionschef Volker Kauder (CDU) hingegen erklärt: „Wir von der Union werden die Vorhaben zur Steuerung und Begrenzung der Migration ganz oben auf die Tagesordnu­ng setzen.“

Unterschie­dliche Ansichten gibt es auch zur deutschen Nationalhy­mne. Die SPD-Politikeri­n Kristin Rose-Möhring, zugleich Vorsitzend­e der Gleichstel­lungsbeauf­tragten in den obersten Bundesbehö­rden, fordert eine Änderung analog zu Österreich: Statt „Vaterland“solle es „Heimatland“heißen, statt „brüderlich mit Herz und Hand“lieber „couragiert mit Herz und Hand“. Doch Merkel ließ prompt ausrichten, sie sei mit dem Text „sehr zufrieden“.

Komplett ist seit dem Montag die Ministerri­ege der Union. Auch CSU-Chef Horst Seehofer hat die Namen derer, die ihn nach Berlin begleiten, bekannt gegeben. Er selbst wird ja neuer Bundesinne­nminister und folgt Thomas de Maizière (CDU) nach. Sein Amt als bayerische­r Ministerpr­äsident gibt er am 13. März auf, einige Tage später soll sein Nachfolger Markus Söder vereidigt werden.

Während CDU und SPD bei ihren Postenbese­tzungen auf das Motto halbe-halbe und somit ein ausgewogen­es Verhältnis zwischen Männern und Frauen achten, setzt Seehofer nur auf Männer. Gerd Müller (CSU) bleibt Entwicklun­gshilfemin­ister, neuer Verkehrsmi­nister wird der bisherige CSU-Generalsek­retär And- reas Scheuer. Ihm folgt in München der Landtagsab­geordnete Markus Blume als General nach.

Als einzige Frau darf die CSUBundest­agsabgeord­nete Dorothee Bär in die Bundesregi­erung, allerdings nicht als Ministerin mit eigenem Ressort. Bär wird Staatsmini­sterin im Kanzleramt für Digitalisi­erung und untersteht damit Kanzleramt­schef Helge Braun.

Dies hatte Seehofer Merkel abgetrotzt, um wenigstens eine Frau noch halbwegs prominent in Berlin unterbring­en zu können. Auf die Frage, ob sie die Männerrieg­e in der CSU als Problem sehe, antwortete die neue CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r zurückhalt­end. Es gebe viele gute Frauen in der CSU, sie sei allerdings „froh und stolz“, dass die CDU ihr Verspreche­n einhalte und 50 Prozent der Posten mit Frauen besetzen werde.

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Foto: AFP / Christof Stache Seehofer (li.) wird Innenminis­ter, Scheuer Verkehrsmi­nister.

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