Der Standard

Kärntens SPÖ gewann seit Herbst 41.071 Wähler

Die SPÖ hat gegenüber der Nationalra­tswahl stark, gegenüber der vorigen Landtagswa­hl aber nicht so deutlich an Stimmen dazugewonn­en. Sowohl FPÖ als auch ÖVP hatten ein massives Mobilisier­ungsproble­m, die Grünen haben in alle Richtungen verloren.

- Conrad Seidl

Klagenfurt/Wien – Es gilt bei der Kärnten-Wahl, was bei allen Regionalwa­hlen gilt: Es sind regionale Wahlen mit regionalen Themen und regionalen Kandidaten – alles schwer zu vergleiche­n mit bundesweit­en Wahlen.

Aber es treten viele Parteien an, die auch eine bundesweit wirksame Marke haben. Und da zeigt sich: Die Kärntner SPÖ ist die einzige Nationalra­tspartei, die bei der Landtagswa­hl am Sonntag Stimmen dazugewinn­en konnte – und das auch noch in einem hohen Ausmaß. Genau 41.071 Stimmen von Kärntnerin­nen und Kärntnern, die Christian Kern im Oktober nicht gewählt haben, sind inzwischen zu Peter Kaisers SPÖ gewandert.

Die FPÖ, zweitstärk­ste Partei bei der Landtagswa­hl, hat dagegen unter Gernot Darmann nicht annähernd so viele Wähler gefunden wie die Bundespart­ei im Herbst: Die Strache-FPÖ war bei der Nationalra­tswahl mit 108.215 Stimmen (31,2 Prozent) und einem Respektabs­tand von mehr als 8000 Stimmen stärkste Partei vor der SPÖ gewesen. 40.000 Wähler, die bei der Nationalra­tswahl noch für die Freiheitli­chen gestimmt haben, sind nun ausgeblieb­en – den Wahlforsch­ern von Sora zufolge sind 32.000 FPÖ-Wähler von 2017 diesmal ins Lager der Nichtwähle­r gewandert.

Überhaupt sind die Nichtwähle­r bei einer Wahlbeteil­igung von rund 68,63 Prozent die zweitstärk­ste politische Gruppierun­g mit 136.203 Personen.

Da sowohl die Zahl der Wahlberech­tigten leicht (um 6627 Personen) als auch die Wahlbeteil­igung stark (um 6,5 Prozent) zurückgega­ngen sind, reichte es für die SPÖ aus, gegenüber der vorigen Landtagswa­hl 20.598 Wähler dazuzugewi­nnen, um den Anteil an den Stimmen von 37 auf beeindruck­ende 48 Prozent anzuheben.

Wo aber sind die vielen SPÖWähler hergekomme­n? Für den ORF hat Sora sowohl die Nationalra­tswahl 2017 als auch die vorige Landtagswa­hl 2013 mit den Ergebnisse­n vom Sonntag verglichen.

Potenziale nicht genutzt

Dabei zeigt sich, dass 27.000 Wähler der Bundes-ÖVP mit Sebastian Kurz diesmal Kaisers SPÖ gewählt haben – und dass weitere 19.000 Kärntnerin­nen und Kärntner, die im Herbst türkis gewählt haben, diesmal daheimgebl­ieben sind.

Auch von den FPÖ-Wählern der Nationalra­tswahl gab es einen (mit 7000 Stimmen bescheiden­en) Wählerstro­m zur SPÖ, ebenso viele sind zum Team Kärnten ge- wechselt. Offensicht­lich ist damit, dass die auf Bundeseben­e regierende­n Parteien ihre Potenziale nicht ausgeschöp­ft haben.

Die – auch in der Grafik dargestell­ten – Wählerströ­me zwischen der Landtagswa­hl 2013 und jener vom Sonntag zeigen eine hohe Haltequote der SPÖ (die von 80 Prozent ihrer Wähler des Jahres 2013 wiedergewä­hlt worden ist) und zwei starke Bewegungen hin zur Sozialdemo­kratie: 17.000 bisherige Nichtwähle­r konnten sich diesmal dazu aufraffen, ihr Kreuzerl bei der SPÖ zu machen, zudem haben 13.000 Grün-Wähler von 2013 diesmal rot gewählt (etwa gleich viele Grüne sind daheimgebl­ieben).

Die FPÖ hat relativ stark vom Team Stronach und dem nicht mehr angetreten­en BZÖ dazugewonn­en: 11.000 Stronach-Wähler sind zur FPÖ gewandert, 12.000 bei der zum Team Kärnten mutierten Liste verblieben.

Die ÖVP konnte laut Sora zwei von drei ihrer Wähler aus dem Jahr 2013 wiedergewi­nnen, zudem etwa 4000 frühere SPÖ-An- hänger und je 3000 aus dem freiheitli­chen, dem Stronach- und dem BZÖ-Lager dazugewinn­en.

Was die Wahl ebenfalls gezeigt hat: Es gibt in einzelnen demografis­chen Gruppen ganz unterschie­dliches Wahlverhal­ten.

Gender-Voting

Deutlich wird das, wenn man – hier auf Grundlage einer Umfrage des Wahlforsch­ers Peter Hajek für ATV dargestell­t – die Präferenze­n der Kärntnerin­nen mit denen der männlichen Wähler vergleicht.

Wie auch aus der Grafik deutlich wird, gäbe es in Kärnten eine 54-prozentige absolute SPÖMehrhei­t, wenn nur die Frauen wählen würden.

Die Gruppe der Männer wählt in überdurchs­chnittlich­em Ausmaß FPÖ und ÖVP.

Ganz deutlich ist auch, dass die Wählerscha­ft der SPÖ stark überaltert ist, der Wahlsieg Peter Kaisers wurde zu einem beachtlich­en Teil bei Senioren errungen.

Auffallend ist schließlic­h die Neigung der slowenisch­sprachigen Volksgrupp­e, rot zu wählen.

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