Radstar Wiggins unter Verdacht
Cheftrainer Puelacher denkt an Abfahrten, Privattrainer Pircher ist diesbezüglich skeptisch
Salzburg/Wien – Hat ein Sportler alles erreicht, drängt sich die Frage auf, ob und wie es weitergeht. So auch im Fall von Marcel Hirscher, der am Sonntag auf beeindruckende Art und Weise zum siebenten Mal in Serie den Gesamtweltcup für sich entschied. Der 29-jährige Salzburger, Doppelolympiasieger, 57-facher Weltcupsieger, zwölffacher Saisonsieger und bald Besitzer von 16 Kristallkugeln, lässt sich keine Abschätzung über seine Zukunft entlocken, er muss sich erst selbst mit dem Thema auseinandersetzen, verspricht aber: „Trainieren werde ich sowieso, ob ich nächste Saison weiterfahre oder nicht.“Er könne sich nicht vorstellen, „dass ich irgendwann mit der Bierwampe hier hocke“.
Für seinen Trainer Michael „Mike“Pircher steht aktuell auch in den Sternen, ob Hirscher weiterfahren oder doch seine Karriere beenden wird. „Das kann ich nicht sagen, es ist viel passiert, er muss das erst einmal alles ver- arbeiten. Nach dem Weltcupfinale werden wir uns zusammensetzen und besprechen, wie es weitergeht. Auszuschließen ist aber gar nichts.“
Pircher zollte Hirscher am Tag nach einer neuerlichen Demonstration im Slalom, die 1,22 Sekunden Vorsprung auf Henrik Kristoffersen und den Gewinn der großen Kristallkugel bedeutete, großen Respekt. „Hut ab, in so einer Situation muss man erst einmal die Coolness bewahren.“Ihn habe beeindruckt, welche Lockerheit Hirscher trotz großen Drucks an den Tag gelegt habe. „Das Wichtigste war, dass er nicht taktiert hat, sondern volle Kanne gefahren ist.“Man dürfe die Verlockung, auf eine Platzierung zu fahren, um sein Ziel zu erreichen, nicht unterschätzen, aber mit angezogener Handbremse klappe es meist nicht nach Wunsch. „Volle Attacke“funktioniere bei Hirscher immer am besten.
Vermutlich hat ebendiese Einstellung auch Cheftrainer Andreas Puelacher auf den Gedanken gebracht, dem Salzburger die Abfahrt schmackhaft zu machen. Pircher hält nicht viel davon, obwohl er weiß, dass die schnellen Disziplinen Hirscher sehr wohl reizen würden. „Er glaubt, dass in diese Richtung schon auch etwas ginge. Aber ich bin nicht dafür, weil es generell viel Aufwand und einen großen Trainingsumfang erfordert. Es ist nicht so einfach mit der Geschwindigkeit, mit den Sprüngen, dazu kommt die psychische Belastung, das alles heil zu über- stehen.“Schließlich sei das Risiko, sich zu verletzen, größer als in technischen Disziplinen. Außerdem würde es Hirscher nie und nimmer genügen, hie und da auf dem Podest zu stehen. „Wer Marcel kennt, weiß, dass er gewinnen will.“Zudem müsse er dann wohl eine andere Disziplin aufgeben. Daher rät Pircher: „Bleibe bei deinen Stärken!“
Dass Hirscher neue Herausforderungen braucht, glaubt Pircher nicht. Grundsätzlich sei es genug Ansporn und mache ausreichend Spaß, in technischen Disziplinen Rennen zu gewinnen, erst recht, wenn man einfach befreit drauflosfahren könne.
Für den Perfektionisten Hirscher scheint es ohnehin keinen Plafond zu geben, den er erreichen kann oder will. Es gibt immer etwas zu verbessern. Sein Antrieb, sagt er, sei die „Freude am Skifahren, der Spaß am Wettstreit“. Außerdem könnten ihn Ingemar Stenmarks Rekorde von 18 Kristallkugeln und 86 Weltcupsiegen motivieren, die Rennlatten nicht so schnell abzuschnallen.