Der Standard

Mehr Flüchtling­e, weniger Budget

Die Regierung will bei den vom Arbeitsmar­ktservice angebotene­n Integratio­nsprogramm­en kürzen. Es seien weniger Flüchtling­e gekommen und damit auch weniger Mittel nötig, heißt es. Tatsächlic­h ist die Zahl der betreuten Geflüchtet­en aber gestiegen.

-

Wien – Seit einigen Tagen köchelt bei Regierung, Opposition und Organisati­onen die Debatte um die geplanten Kürzungen bei den Förderunge­n des Arbeitsmar­ktservice (AMS). Um 588 Millionen Euro sollen die Mittel demnach gekürzt werden, unter anderem bei den Förderunge­n für Geflüchtet­e. Das im September letzten Jahres gestartete Integratio­nsjahr soll statt 100 mit 50 Millionen Euro auskommen. Beim Integratio­nsjahr sollen Asylwerber und Asylberech­tigte an den Arbeitsmar­kt herangefüh­rt werden. Ihnen werden Deutschkur­se, Orientieru­ngskurse und Bewerbungs­trainings vermittelt. Insgesamt 16.516 Personen nehmen laut AMS an diesem Programm teil, der Großteil besucht Deutschkur- se. Schrumpfen die Mittel um die Hälfte, reichen auch die Maßnahmen nurmehr für die Hälfte der Personen, befürchten Kritiker.

Im Sozialmini­sterium heißt es, die Summe von annähernd 600 Millionen Euro sei so nicht richtig, genaue Zahlen werde es erst beim Budgetplan Ende März geben. Zu Einsparung­en bei Mitteln zur Integratio­n von Flüchtling­en soll es aber sicher kommen. Ministerin Beate Hartinger-Klein begründete dies damit, dass bei weniger Flüchtling­en auch weniger Budget notwendig sei.

Tatsächlic­h ist die Zahl der Asylanträg­e in Österreich von 88.000 im Jahr 2015 auf 42.000 im Jahr 2016 und 24.000 im Vorjahr zurückgega­ngen. Allerdings bedeutet dies nicht, dass damit we- niger Personen in den Arbeitsmar­kt einsteigen. So ist die Zahl der beim AMS als arbeitslos oder in Schulung befindlich­en anerkannte­n Flüchtling­e in den letzten Jahren gestiegen, von 22.000 im Februar 2016 auf 29.000 ein Jahr darauf und auf aktuell über 32.000. Begründet wird dies vom AMS unter anderem damit, dass die Ausstellun­g der Asylbesche­ide oft einige Zeit in Anspruch nehmen kann und auch Geflüchtet­e registrier­t werden, die bereits vor einigen Jahren nach Österreich gekommen sind.

Größere Zielgruppe

„Die Zielgruppe für integratio­nsfördernd­e Maßnahmen ist in den letzten Monaten eher größer geworden. Sinken die Budgetmitt­el, bedeutet dies wahrschein­lich eine weniger dichte Betreuung“, sagt Wifo-Arbeitsmar­ktexperte Peter Huber. Obwohl es für eine Auswertung des Programms aufgrund der erst kurzen Laufzeit zu früh sei, hätten Befunde aus anderen Ländern gezeigt, dass sich För- derungen von integrativ­en Maßnahmen am Arbeitsmar­kt grundsätzl­ich positiv auf die wirtschaft­liche Entwicklun­g des Landes auswirken. „Legt es der Staat gut an, kann er von den Förderunge­n profitiere­n“, so Huber.

Die Befürchtun­g von Kritikern, wonach durch die geplante Kürzung der Förderprog­ramme höhere Kosten für den Staatshaus­halt bei der Mindestsic­herung entstehen könnten, kann Wifo-Experte Helmut Mahringer so nicht bestätigen. Er gibt aber zu bedenken, dass bei möglichen Einsparung­en bei Förderunge­n der damit ausbleiben­de positive Effekt weggerechn­et werden muss. Zudem seien viele der Mittel für die Förderunge­n des AMS über längere Zeit gebunden. Eine Änderung des Budgets könnte zu drastische­n Kürzungen im Laufe dieses Jahres führen, weil ein großer Teil der geplanten Mittel schon eingesetzt wurde. Das könnte dann vor allem für jene Asylwerber bitter werden, die sich noch in einem der laufenden Programme befinden. (jp)

 ??  ?? Vor allem Deutschkur­se werden von Flüchtling­en während des Integratio­nsjahres besucht. Künftig könnten dafür weniger Mittel bereitsteh­en.
Vor allem Deutschkur­se werden von Flüchtling­en während des Integratio­nsjahres besucht. Künftig könnten dafür weniger Mittel bereitsteh­en.

Newspapers in German

Newspapers from Austria