Vero: Hype-App mit fragwürdigem Hintergrund
Eigentümer mit zwielichtiger Vergangenheit und unklarer Umgang mit Nutzerdaten
Wien – Nur wenige Tage nach dem Launch ihres Netzwerks meldeten die Macher von „Vero“über eine Million neue Mitglieder. Mittlerweile wurde die Software des sozialen Netzwerks alleine auf Android-Smartphones zwischen einer und fünf Millionen Mal heruntergeladen. Zwischenzeitlich sorgte der Ansturm für Ausfälle, weil die Server, ob des großen Interesses, in die Knie gingen. Doch neben dem Hype mehren sich auch zunehmend kritische Stimmen.
Doch was ist Vero eigentlich? Oft wird es beschrieben wie eine Alternative zu Twitter oder Facebook. Bei PR-Auftritten verwenden die Betreiber mitunter aber auch die Bezeichnung „das neue Facebook“. Während dieser Messgrad – Facebook hat weit über eine Milliarde Mitglieder – wohl noch deutlich zu hoch angesetzt ist, dürfte die Wahrheit irgendwo dazwischen liegen.
Chats, Bücher, Filme, Fotos
Vero ermöglicht einerseits einfache Chats und andererseits kann man über eine recht übersichtliche Oberfläche Fotos aus seinem eigenen Leben, sowie auch Empfehlungen für Bücher, Filme, Musik und Orte teilen. „Weniger Medien, mehr social“, lautet der Slogan. Er bezieht sich darauf, dass die Anzeige der Postings anderer Nutzer, denen man folgt, nicht durch Algorithmen beeinflusst wird. Gleichzeitig soll man selbst Kontakte in verschiedene Gruppen einteilen und einfach festlegen können, wer was sieht. Ein Umfeld mit mehr Freiheit und Privatsphäre soll freilich auch Firmen und Promis dazu locken, sich auf der Plattform zu präsentieren. Wer ihre Inhalte sehen will, muss ihnen jedoch freiwillig folgen. Klassische Werbung will man nicht ausspielen. Finanzieren möchte sich das Netzwerk mit monatlichen Nutzungsgebühren. Wann diese eingeführt werden und wie hoch sie sein sollen, ist unklar. Das Unternehmen will sich aber „bald“dazu äußern. Zuvor versprach man, der ersten Million Nutzer lebenslang kostenlosen Zugang, doch „aufgrund der Service-Probleme“verlängerte man dieses Angebot auf unbestimmte Zeit ohne fixer Beschränkung.
Dubiose Hintergründe
Die Hintergründe von Vero werfen Fragen auf. Ins Leben gerufen wurde die Plattform von Ayman Hariri, Sohn des ehemaligen libanesischen Premiers Rafik al-Hariri. Der Milliardär war zuvor in der Führungsetage des saudisches Bauunternehmens Saudi Oger, das laut dem Finanzmedium Bloomberg dank Missmanagement und einem Schuldenstand von 3,5 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr zusperrte. Berichtet wurde etwa über prekäre Lebensumstände der Mitarbeiter, deren Löhne oft nicht gezahlt worden sein sollen. Bedenken gibt es auch ob der eigentlichen Entwickler der App, die laut Time Magazine im sibirischen Tomsk ansässig sein dürften. Wer versucht, eine Postadresse für Veros Hauptquartier ausfindig zu machen, findet weder auf der Website, noch bei sonstigen Quellen im Internet eine verlässliche Angabe.
Und schließlich unterscheiden sich auch die Geschäftsbedingungen von Vero nicht grundlegend von jenen der Konkurrenten, von welchen man sich abzuheben verspricht. Gut ersichtlich ist das am Umgang mit Nutzerinhalten.
Die Rechte an eigenen Werken, insbesondere Fotos, bleiben zwar intakt. Jedoch räumt man den Betreibern die Möglichkeit ein, diese nach Belieben und kostenfrei zu verwenden. Und man sichert sich mit einer entsprechenden Klausel dagegen ab, dass Nutzer geschützte Inhalte Dritter auf der Plattform veröffentlichen. Ob der vom Netzwerk erhobenen Informationen hält man lediglich fest, dass man nur jene Daten sammelt, die man „für notwendig erachtet, um eine großartige Erfahrung für die Nutzer bieten und die Sicherheit ihrer Konten gewährleisten“zu können.
Wohl kein Facebook-Killer
Bei einigen Nutzern ist der Enthusiasmus mittlerweile in Skepsis umgeschlagen. Am Kurznachrichtendienst Twitter macht bereits die Hashtag-Kampagne „#DeleteVero“(„Löscht Vero“) die Runde.
Ohnehin stehen die Chancen auf eine Ablöse von etablierten Social Networks eher schlecht. Schon mehrfach probierten sich Alternativen mit verschiedenen Ansätzen. 2010 ging das freie Projekt Diaspora ans Netz, das im Vorfeld oft als „Facebook-Killer“tituliert wurde. Man erreichte jedoch nie eine kritische Masse an Nutzern. Auch das stark auf Privatsphäre fokussierte Netzwerk Ello und die offene Twitter-Alternative „Mastodon“schwelgen nach wie vor ein Nischendasein.