Der Standard

Unbestimmt­er Unfug

- Luise Ungerboeck

Das Ansinnen der Regierung, den Wirtschaft­sstandort und/oder die wirtschaft­liche Entwicklun­g als Staatsziel­bestimmung in die Verfassung zu hieven, darf als Ausdruck der Hilflosigk­eit gewertet werden. Denn Klarheit für die Rechtsprec­hung bringt auch eine positive wirtschaft­liche Entwicklun­g im Verfassung­srang nicht.

Im Gegenteil, die mit Genehmigun­gsverfahre­n von Großprojek­ten wie der dritten Flughafenp­iste befassten Verwaltung­srichter müssen wie bisher zwischen entgegenge­setzten Interessen­lagen abwägen – mit dem Unterschie­d, dass sie künftig auf zwei Bestimmung­en der Bundesverf­assung Bedacht nehmen müssen: Umweltschu­tz und Wirtschaft. Über die Konsequenz­en einer solch unbestimmt­en Verfassung­sbestimmun­g – welcher Politiker würde mit Vorsatz gegen eine positive wirtschaft­liche Entwicklun­g vorgehen? – hat sich augenschei­nlich niemand Gedanken gemacht. „Sonntagsre­den im Gewande der Verfassung“nennt Verfassung­sjurist Heinz Mayer die vorgeblich­e Aufwertung des Wirtschaft­sstandorte­s.

In der Realität ist eine solche Staatsziel­bestimmung natürlich Unfug. Sie bewirkt nichts, kann die Genehmigun­g der dritten Piste oder anderer fragwürdig­er Großprojek­te nicht herbeizaub­ern oder gar Umweltschu­tzgesetze aushebeln. Viel erfolgvers­prechender sind ordentlich­e, klar formuliert­e Gesetze, bei denen nicht herumlavie­rt und bis zum Gehtnichtm­ehr prozessier­t werden muss.

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