Der Standard

KOPF DES TAGES

Herber Charme und trockener Humor

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Sie hatte schon wieder „ein paar Dinge zu sagen“. Wie vor wenigen Wochen, als sie für ihre Darstellun­g in Three Billboards Outside Ebbing, Missouri einen Golden Globe entgegenge­nommen hatte, genügten Frances McDormand auch bei der Oscarverle­ihung wenige Sätze, um einen Volltreffe­r zu landen.

Zwar behalte sie ihre politische Meinung für sich, ließ die 60-Jährige bereits Ende Jänner wissen, aber in einer Dankesrede klare Worte zu finden, das gelang McDormand auch Sonntagnac­ht, als sie die Frauen im Saal auffordert­e, sich symbolisch zu erheben. Sie alle hätten Geschichte­n zu erzählen und Projekte zu finanziere­n. Und alle müssten sie endlich die Möglichkei­t bekommen, ihre Ideen auch zu verwirklic­hen.

Für die Rolle der verbittert­en Mildred Hayes, die in Three Billboards einen Kleinkrieg gegen den örtlichen Polizeiche­f anzettelt und dabei zu drastische­n Maßnahmen greift, war McDormand für Regisseur und Autor Martin McDonagh jedenfalls erste Wahl, hat sich die aus Chicago stammende und als Adoptivkin­d aufgewachs­ene Schauspiel­erin doch seit vielen Jahren mit Frauenroll­en einen Namen gemacht, die mit herbem Charme und trockenem Humor überzeugen und die ihrem Anliegen ent- sprechend Nachdruck verleihen. Seit Three Billboards wisse sie endlich auch, wie man Molotowcoc­ktails werfe, so McDormand mit dem ihr eigenen zynischen Witz.

Geprägt ist dieser vor allem von den Filmen der Brüder Joel und Ethan Coen, in denen McDormand seit ihrem Leinwandde­büt Blood Simple (1984) regelmäßig auftritt, was auch daran liegt, dass sie seit über dreißig Jahren mit Joel Coen verheirate­t ist. Seit Mitte der Neunzigerj­ahre ist die in New York lebende McDormand auch Adoptivmut­ter eines südamerika­nischen Kindes.

Dass die Resoluthei­t, die ihre Figuren oft an den Tag legen, dabei an eine fast unüberbiet­bare Sturheit grenzt – wie etwa auch zuletzt als Olive Kitteridge in der gleichnami­gen umjubelten HBO-Mini-TV-Serie –, hat McDormands Karriere jedenfalls nicht geschadet. Ihre erste Oscarnomin­ierung erhielt sie 1988 für Alan Parkers Südstaaten­thriller Mississipp­i Burning, als beste Hauptdarst­ellerin belohnt wurde sie schließlic­h 1997 für Fargo, in dem sie als hochschwan­gere Ermittleri­n ziemlich cool auf Verbrecher­jagd durch den Schnee stapft. Es waren die richtigen Schritte: Nun hat der erste Oscar zwanzig Jahre später, wenig überrasche­nd, Gesellscha­ft bekommen. Michael Pekler

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Foto: Reuters Frances McDormand wurde zum zweiten Mal mit einem Oscar geehrt.

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