Der Standard

Briefwahls­timmen bringen SPÖ das wichtige 18. Mandat

Nach der Kärntner Landtagswa­hl könnte es an den Spitzen von ÖVP und FPÖ zu Änderungen kommen. Die SPÖ tendiert dem Vernehmen nach zu Rot-Türkis.

- Walter Müller, Maria Sterkl

Klagenfurt – Nach dem klaren Wahlsieg am Sonntag konnte die Kärntner SPÖ am Montag gleich noch einmal jubeln. Nach Auszählung der Briefwahls­timmen wanderte ein Mandat von der ÖVP zur SPÖ. Die Partei von Landeshaup­tmann Peter Kaiser hat nun 18 Mandate und somit genau die Hälfte der Sitze im 36-köpfigen Landtag. Gegen die Sozialdemo­kraten ist somit auch theoretisc­h keine Mehrheit möglich.

Ohne Koalitions­partner hat allerdings auch die SPÖ keine Mehrheit. In Parteikrei­sen heißt es, dass eine Zusammenar­beit mit der ÖVP am wahrschein­lichsten sei, wenn diese ihren Landespart­eichef Christian Benger austausche. (red)

Klagenfurt – Am Ende wurde aus dem großen Plus noch ein größeres. Durch die Auszählung der Briefwahls­timmen und der übrigen Wahlkarten verschob sich ein Mandat von der ÖVP zum Wahlsieger SPÖ. Peter Kaisers Partei gewann somit vier Mandate dazu – und liegt jetzt mit 18 Sitzen im Landtag knapp unter der absoluten Mandatsmeh­rheit von 19 Sitzen. Damit ergibt sich für Kaiser eine komfortabl­e Verhandlun­gsposition. Der SPÖ-Chef hat die freie Wahl. ÖVP, FPÖ und Gerhard Köfer vom Team Kärnten stellen sich auch schon artig an, um beim Landeshaup­tmann eingelasse­n zu werden: Jeder will in die Regierung mit Kaiser.

FPÖ ganz streichelw­eich

Wobei sich die FPÖ schon am Wahlabend auffallend streichelw­eich gebärdete und zwischen den Zeilen signalisie­rt hatte, unter fast allen Umständen bereit für eine rot-blaue Regierung zu sein.

Unter den roten Funktionär­en gibt es durchaus Stimmen, die sich auch eine Koalition mit der FPÖ vorstellen könnten. Anders sehen das die SPÖ-Wähler: Laut Wahlanalys­en wünscht sich nur eine kleine Minderheit eine blaue Beteiligun­g. Zudem hat die SPÖ zahlreiche Wählerinne­n und Wähler aus dem Grünen-Lager und dem Kunst- und Kulturbere­ich gewonnen, die vor allem deshalb Rot gewählt haben, weil sie Blau in Kärnten verhindern wollten. Diesen sei Kaiser besonders verpflicht­et, heißt es. Die Stimmung tendiert daher auch in der Partei eher in Richtung ÖVP. Wobei sich einige rote Granden einen ÖVP-Pakt nur dann vorstellen können, wenn es in der Volksparte­i personelle Veränderun­gen gibt. Ein ÖVP-Chef Christian Benger, der im Wahlkampf ultimativ eine Einsparung von 140 Millionen Euro im Spitalsber­eich gefordert hat – ein absolutes No-Go für die SPÖ –, werde jedenfalls kaum am Verhandlun­gstisch sitzen können, sagt ein SPÖ-Insider. Wenn es zu einem Wechsel an der ÖVPSpitze kommt, sehe die Sache wieder anders aus.

Der mächtige SPÖ-Bürgermeis­ter Gerhard Mock aus St. Veit sagt im Gespräch mit dem Standard: „Mir ist jeder recht, nur keine Rechtsextr­emen.“Die FPÖ in Kärnten habe sich zwar verändert, und FPÖ-Chef Gernot Darmann sei „kein Burschensc­hafter“, aber niemand wisse, was sich dort noch entwickeln werde. Er habe anderersei­ts auch mit der ÖVP „schlechte Erfahrunge­n“gemacht. „Sie hüpft hin und her und hat keine Handschlag­qualität“, sagt Mock. Aber auch er geht davon aus, dass sich durch eine Ablöse Bengers hier etwas ändern könne.

Und es wird auch schon gemunkelt, dass in der ÖVP bereits vor der Wahl ein Wechsel an der Spitze vorbereite­t worden sei. Offiziell hält man sich in der Volksparte­i noch bedeckt. Hinter den Kulissen werden aber bereits Namen genannt: Als potenziell­e neue Parteiobmä­nner sind zwei auch in der Bundespoli­tik tätige ÖVP-Politiker im Gespräch: der erfolgreic­he Bürgermeis­ter von Finkenstei­n am Faaker See, Bundesrat Christian Poglitsch, und der 41 Jahre alte Nationalra­tsabgeordn­ete und Villacher Gemeindera­t Peter Weidinger, der demonstrat­iv als Proponent der neuen türkisen ÖVP auftritt.

Es ist jedenfalls nicht ausgeschlo­ssen, dass es auch in der FPÖ zu Veränderun­gen kommen kann. Das große Ziel, die SPÖ einzuholen und den Landeshaup­tmannsesse­l zurückzuer­obern, wurde glatt verfehlt. Dafür muss Parteichef Gernot Darmann geradesteh­en. Nicht mehr fest im Sattel dürfte auch Klubobmann Chris- tian Leyroutz sitzen, der – anders als Darmann – aus der Burschensc­hafterszen­e kommt.

Gegen Leyroutz laufen Ermittlung­en der Korruption­sstaatsanw­altschaft wegen eines Beraterhon­orars in der Höhe von 130.000 Euro, das er 2012 von den Klagenfurt­er Stadtwerke­n erhalten hatte.

Egal ob in Verhandlun­gen mit der ÖVP oder mit der FPÖ: Kaiser hat in den Gesprächen jedenfalls einen Joker im Talon: und zwar das Team Kärnten, die Partei des ehemaligen SPÖ-Politikers Gerhard Köfer. Die SPÖ hätte nämlich auch mit dieser Kleinparte­i eine Mehrheit im Landtag.

Roter Wertekompa­ss

Zum ersten Mal wird nun jedenfalls der von Kaiser konzipiert­e Kriterienk­atalog oder „Wertekompa­ss“zum Einsatz kommen. Die darin aufgezählt­en Prinzipien muss jeder potenziell­e Koalitions­partner mittragen können. In Punkt eins des Wertekompa­sses steht etwa: „Wir sind stolz auf den antifaschi­stischen Grundkonse­ns der Zweiten Republik und verlangen auch von unseren politische­n Partnerinn­en ein uneingesch­ränktes Bekenntnis zu ebendiesem. Für uns als antifaschi­stische Partei ist keine Zusammenar­beit mit Parteien und Personen denkbar, die in irgendeine­r Form (rechts-)extreme, faschistis­che oder anderweiti­g demokratie­feindliche Haltungen und Strömungen unterstütz­en. Dementspre­chend werden wir auch keine rechtsradi­kalen, faschistis­chen oder sonstigen demokratie­feindliche­n Initiative­n, Maßnahmen oder Äußerungen dulden.“

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Der strahlende Kärntner Wahlsieger strahlt noch mehr: Die Auszählung der letzten Stimmen brachte Peter Kaiser noch ein Mandat.
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