76-Jähriger wegen Terrorverdachts in Haft
Ein Österreicher sitzt in Wien in U-Haft, weil er in der Schweiz Anschläge auf Politiker mit einem Neonazi-Netzwerk geplant haben soll. In Kürze steht indes auch ein angeblicher Mitstreiter Gottfried Küssels vor Gericht.
Wien – Er soll Anschläge auf österreichische Politiker geplant haben und öffentlich in Reden vor gleichgesinnten Rechtsextremen mit schlagkräftigen Einheiten von „junger Kameraden“in Wels, Wien, Innsbruck und Kärnten geprahlt haben. Wie erst jetzt bekannt wurde, sitzt ein 76-jähriger Österreicher, der in der Schweiz lebte und dort als Folge eines Amtshilfeansuchens Österreichs verhaftet wurde, seit 14 Monaten in Wien in U-Haft.
Wegen des Verdachtes auf führende Beteiligung bei einer staatsfeindlichen Verbindung, Verhetzung und Verstöße gegen das NSVerbotsgesetz nahm man ihn im November 2016 in Basel fest. Nun sitzt Hans B., den Schweizer Medien den „Nazi-Rentner“nennen, in Untersuchungshaft in der Justizanstalt Wien-Josefstadt ein.
Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien kommentierte den Fall am Dienstag auf Nachfrage des Standard mit Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren nicht. Wann der Prozess starten könnte, ist also ungewiss.
Internationale Fahnder
Medien aus der Schweizer Wahlheimat des Mannes berichten von tausenden Seiten in mehr als 14 Ordnern, die Terrorfahnder aus Österreich, Deutschland, Italien und der Schweiz zusammengetragen haben.
B. dürfte jedenfalls ein Mitstreiter des mehrmals vorbestraften Schweizers Holocaustleugners Bernard Schaub aus Bern sein. Schaub ist Gründer der rechtsextremen Europäischen Aktion. 2012 ermittelte in Österreich der Verfassungsschutz, weil Schaub seine Ideen bei einem Vortrag beim Verband der Volksdeutschen Landsmannschaften in Wien verbreitete – der Standard berichtete.
In einem anderen, viel älteren Fall, nämlich jenem um die jahre- lang anonym über einen amerikanischen Server betriebene Neonazi-Homepage Alpen-Donau-Info, kommt nächste Woche neue Bewegung.
Wegen der Seite wurden Gottfried Küssel und zwei weitere Männer zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Küssel versuchte kürzlich, wegen guter Führung früher frei zu kommen, muss seine Strafe bis Jänner 2019 aber voll absitzen. Der heute 29-jährige Richard P., der bis Ende 2012 mit mehreren anderen Männern wegen NS-Wiederbetätigung und schwerer Körperverletzung (nach dem Überfall auf Gäste im Grazer Studentenlokal Zeppelin), verurteilt wurde, führte die Seite nach Küssels Verurteilung – nicht mehr anonym und viel vorsichtiger – weiter.
Der mittlerweile pensionierte Polizist und Datenforensiker Uwe Sailer äußerte schon damals den Verdacht, dass P. schon von 2009 bis 2011 mit Küssel und anderen für die Seite und das zugehörige Forum tätig war.
Wie Thomas Spreitzer, Sprecher des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, dem Standard bestätigte, steht P. nun tatsächlich wegen des Verdachts auf NS-Wiederbetätigung auf der Seite für diesen Zeitraum vor Gericht. Er wird beschuldigt, als Administrator tätig gewesen zu sein. P. war Vorstandsmitglied des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ) in der Steiermark.