Der Standard

Harte Zeiten für die Freunde des Hanfs

Die Regierung plant, den Verkauf von Hanfsamen und -pflanzen zu verbieten. Vielen der etwa 200 heimischen Growshops droht damit das Aus. Die Branche zeigt sich aber kämpferisc­h – und legt alternativ­e Ideen auf den Tisch.

- Lara Hagen, Thomas Neuhold Markus Rohrhofer

Es sind nur wenige Worte, die seit Mitte Dezember allerdings für viel Verwirrung sorgen: Im Regierungs­programm ist unter dem Punkt Suchtmitte­lgesetz von einem „Verbot des Verkaufs von Hanfsamen und Hanfpflanz­en“die Rede.

Ob mit diesem Verbot alle Hanfpflanz­en gemeint sind – und damit auch Nutzhanf, der industriel­l genutzt wird, oder CBD-Hanf, der nicht berauschen­d wirkt (siehe

Wissen), geht aus dieser Formulieru­ng nicht hervor. An das Gesundheit­sministeri­um sei man von Justizseit­e noch nicht herangetre­ten, sagt eine Sprecherin. Im Justizmini­sterium heißt es, die zeitliche Einteilung der Reformen finde soeben statt.

Keine Freude mit der Ankündigun­g haben Betreiber von Growshops, die unter anderem Hanfsamen und Hanfpflanz­en verkaufen. Sehr wahrschein­lich wird ein Verbot nämlich hauptsächl­ich THChaltige­n Hanf betreffen – was eine Verschärfu­ng nach Jahren der Liberalisi­erung darstellen würde. Zur Erinnerung: Der Konsum von Cannabis ist erlaubt, der Besitz verboten – die Strafverfo­lgung wird aber meist eingestell­t.

Patrick Spindler macht sich deswegen Sorgen. Vor drei Jahren eröffnete er in Linz ein Fachgeschä­ft für Hanfsteckl­inge und Hanfsämlin­ge – den Grünen Daumen. Heute könne er „gut davon leben“. Zielgruppe seien „Hobbygärtn­er“. „Cannabis ist unsere Leidenscha­ft, und wir möchten, dass so viele Menschen wie möglich diese teilen.“

Reine Pflanzenli­ebe

Damit es auch bei der reinen Pflanzenli­ebe bleibt, hat er im Eingangsbe­reich des rund 200 Quadratmet­er großen Geschäftes eine Tafel mit den Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen aufgehängt. Wenn jemand im Geschäft andeutet, das Ausbilden von Blütenund Fruchtstän­den anzustrebe­n, ist der Deal geplatzt und der grüne Daumen zeigt nach unten – auch andere Shops handhaben das so. Umso ärgerliche­r findet Spindler die angestrebt­e Änderung. „Wir haben sehr viel Geld in den Aufbau gesteckt und könnten zusperren.“

Ähnlich geht es Roland Birner. Er ist Geschäftsf­ührer von plants4fri­ends in Salzburg, der größten Hanffirma Westösterr­eichs. Jahresumsa­tz: 600.000 Euro. Die Kalkulatio­n bei der Gründung vor drei Jahren war einfach: Man sei von einer Legalisie- rung für den medizinisc­hen Bereich ausgegange­n. Birner habe Hanf immer als Geschäftsi­dee und nicht als lustige Drogengesc­hichte verstanden, sagt er. Käme jetzt ein Verbot, müsste er Konkurs anmelden. Einen Plan B gebe es nicht.

Einer der größten und ältesten Growshops Österreich­s ist in Wien zu Hause und wird von Stefan Wolyniec geleitet. Er sieht das mögliche Verbot nicht ganz so dramatisch – Samen und Stecklinge würden nur 15 bis 20 Prozent zum Gesamtumsa­tz von Bushplanet beitragen. Das ändert aber nichts daran, dass Wolyniec das Verbot kritisch sieht. „Samen sind schwer zu verbieten, vor allem in Zeiten des Internets. Produzente­n aus Spanien und grenznahe Shops freuen sich, wenn wir keine mehr verkaufen können. Da macht sich der Staat also unglaubwür­dig.“

Generalprä­vention fraglich

Das gelte auch für das Argument, dass das Verbot eine generalprä­ventive Wirkung bei Jugendlich­en hätte: „Das hören wir oft. Aber junge Menschen bekommen ihre Informatio­n doch nicht im Strafgeset­zbuch. Die googeln kurz und sehen, dass in Kanada Cannabis bald legalisier­t wird.“

Grundsätzl­ich kann Wolyniec nachvollzi­ehen, dass Regulierun­g gewünscht ist. Vieles geschehe momentan nämlich durch Selbstkont­rolle, zum Beispiel, dass nicht an Minderjähr­ige verkauft werde. Jedoch: „Bisher wurden wir politisch ignoriert.“

Wolyniec will deswegen einen Branchenve­rband gründen. Derzeit sucht er Kontakt zu anderen Shopbesitz­ern und Händlern. Noch vor der Parlaments­sommerpaus­e will er mit dem Verband an die Öffentlich­keit gehen.

Sollte es die Absicht der Regierung sein, den privaten Hanfanbau einzuschrä­nken, sei das diskutiert­e Verbot nicht zielführen­d. „Dass Menschen konsumiere­n, wird dadurch nicht verhindert. Ziel sollte es also sein, Menschen nicht auf den Schwarzmar­kt zu treiben.“Wichtig sei eine feine Balance zwischen Jugendschu­tz, Konsumente­nschutz, Schwarzmar­kt, Kommerzial­isierung und Warenverke­hrsfreihei­t. Vorstellen kann sich Wolyniec etwa eine Lösung wie beim Schnapsbre­nnen, eine Art Vignette für den Eigenanbau.

Sollte das Lobbying nicht wirken, hat der Linzer Spindler noch eine andere Idee: „Ich würde Herrn Kanzler Kurz gerne eine Hanfzierpf­lanze für den Schreibtis­ch schenken. Dann würde er erkennen, dass die Pflanze eine echte Naturschön­heit ist.“

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