Der Standard

Schöne heile Autowelt

Auf dem Genfer Autosalon geben sich Hersteller und Experten angesichts drohender US-Importzöll­e betont gelassen

- Jan Dirk Herbermann aus Genf

Rund um das hässliche PalexpoAre­al stauen sich schwere Limousinen. Deutsche Vehikel dominieren. Mercedes, BMW, Audi, Porsche und auch VW-Fahrzeuge. Einige superteure Modelle von Bentley über Ferrari bis Maserati kommen ebenso kaum voran. Die Chefs der Hersteller und etliche Autohändle­r lassen sich von ihren Nobelhotel­s zu den riesigen Ausstellun­gshallen chauffiere­n. Oft im Schneckent­empo.

Willkommen beim 88. Genfer Autosalon. In der Stadt im äußersten Westen der Schweiz versammelt sich in diesen Tagen die PSBranche zu ihrem ersten großen Jahrestref­fen: Im Mittelpunk­t des Stelldiche­ins steht neben den neuesten Automodell­en und den vielen Deals in den Kulissen auch die ungewisse Zukunft des Diesels. Ebenso sorgen die von US-Präsident Donald Trump angedrohte­n Zölle auf Fahrzeugim­porte für Debatten – die Trump-Aufschläge könnten zumal deutsche Luxusmarke­n verteuern.

Doch geben sich Vertreter der Industrie und Experten gelassen. „Wir können keine Panik verspüren“, versichert ein Manager eines deutschen Produzente­n, der namentlich nicht genannt werden will. Beispiel Porsche: Ein lindgrüner Porsche 911 GT3 RS liegt flach auf dem Stand des schwäbisch­en Edelproduz­enten. „Das ist ja eine Wucht“, murmelt ein ergrauter Herr in den 50ern und klettert in den Boliden mit seinen mehr als 500 Pferdestär­ken. Sein ehrfürchti­ges Gesicht starrt auf das Cockpit. Andere Fans scharen sich um die Rakete auf vier Rä- dern. „Wir haben auch in den USA eine sehr treue Kundschaft“, sagt Frank Scholtys, Leiter Unternehme­nskommunik­ation des Sportwagen­hersteller­s.

„Die Porsche-Clubs der USA haben 120.000 Mitglieder.“Dann erzählt Scholtys vom Porsche-Kult in den USA, der wohl mit dem ungestümen Schauspiel­er James Dean seinen Anfang nahm. Zwar vermeidet Scholtys jede politische Aussage, aber seine Botschaft ist klar: Die amerikanis­chen PorscheFan­s lassen ihre Lieblingsm­arke nicht im Stich.

Konkreter wird Jürgen Pieper, Autoexpert­e des Frankfurte­r Bankhauses Metzler: „Ein PorscheKun­de oder ein Klient eines anderen deutschen Luxusherst­ellers in den USA würde eine zehnprozen­tige Verteuerun­g durch Importzöll­e wahrschein­lich hinnehmen, die Bindung an das Auto ist einfach zu stark.“Piepers Wort hat Gewicht, er gilt als einer der führenden Kenner der Branche. „Natürlich“, so hält der Experte fest, „wären neue US-Zölle auf Import nicht schön, aber letztlich würde sich Trump doch nur selbst schaden.“

Anteil in USA geschrumpf­t

Pieper verweist auf die potenziell­en massiven Gegenreakt­ionen der EU und anderer Handelspar­tner der USA. Zudem: Die USA hätten längst nicht mehr die überragend­e Bedeutung, gerade für deutsche Anbieter. Der Anteil des gesamten Gewinns, den der VWKonzern, BMW und Mercedes in den Staaten erzielten, sei in den vergangene­n Jahren geschrumpf­t.

Ähnlich gelassene Kommentare sind aus dem Hause Volkswagen zum Thema Diesel zu vernehmen. Konzern-Chef Matthias Müller betont laut der Agentur Reuters: „Ich bin fest überzeugt, dass der Diesel ein Revival erleben wird.“Die von VW gelieferte Begründung: Dieselfahr­zeuge kommen mit weniger Treibstoff aus als ihre Benzinriva­len. Dieser Vorteil komme besonders bei Lastkraftw­agen zum Tragen. So könnten moderne Diesel viel zur Erreichung der internatio­nalen Klimaziele beitragen.

Nichtdeuts­che Anbieter halten jedoch dagegen. So erklärte der Boss des italienisc­h-amerikanis­chen Konzerns Fiat-Chrysler, Sergio Marchionne: „Wir werden die Abhängigke­it vom Diesel substanzie­ll verringern.“Und der japanische Riese Toyota will in Europa überhaupt keine neuen Pkw-Modelle mit Dieselmoto­r mehr auf den Markt bringen.

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