Der Standard

Lächeln und Danke sagen

- Christoph Prantner

Außenminis­ter müssen unter anderem die Fähigkeit besitzen, jedem ihrer Gegenüber mit Nachdruck auf die Zehen zu treten, dabei aber dennoch charmant zu bleiben, ja sogar freundlich zu lächeln. Bedankt sich der Betretene danach auch noch, ist ein rarer Akt vollendete­r Diplomatie gelungen.

Unter diesen Gesichtspu­nkten betrachtet, ist der digitale Umgang der Außenminis­terin mit ihrem Regierungs­chef eher nicht als vollendet diplomatis­ch einzustufe­n. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, die kindischen Stänkereie­n auf Twitter kämen direkt aus dem Bereich einer noch nicht zur Gänze abgeschlos­senen politische­n Vorschule.

Was Karin Kneissls Tweet über Begegnunge­n mit dem Papst immerhin aufzeigt, ist die in der Koalitions­vereinbaru­ng bewusst eingebaute Konfliktli­nie zwischen Außenund Kanzleramt, die früher oder später auch für Außenstehe­nde sichtbar werden musste. Denn dort ist ganz klar geregelt, wer in diesem Politikfel­d Koch und wer Kellner ist. Sebastian Kurz hat alle wichtigen außenpolit­ischen Agenden zu sich geholt. Für die Nachbarin auf dem Minoritenp­latz bleiben nicht viel mehr als politische Brosamen.

Jeder Politiker, der sich auf eine solche Situation einlässt, braucht ein leidensfäh­iges Naturell. Anderersei­ts war der Deal von vornherein klar. Manchmal müssen sich Diplomaten auch selbst auf die Zehen steigen, lächeln und Danke sagen. Das nennt sich vollendete Innenpolit­ik.

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