Der Standard

Kein Grund zur Panik

- Michael Möseneder

In einer „schlechten, aggressive­n Stimmung“und „auf seine gesamte Lebenssitu­ation wütend“sei er gewesen – das bot ein 23-jähriger Afghane den Kriminalbe­amten als Erklärung, warum er in Wien vier Menschen niedergest­ochen habe. Ein Motiv, das ihm vor Gericht wohl keine Sympathien bringen wird und hektoliter­weise Wasser auf die Mühlen jener ist, die schon immer vor den unzivilisi­erten barbarisch­en Ausländern gewarnt haben.

Keine Frage, für Wiener Verhältnis­se ist so ein Amoklauf ein außergewöh­nlicher Fall. Doch ist er auch ein Grund, das Haus nur noch in stichsiche­rer Weste zu verlassen? Nein, und das, obwohl Auseinande­rsetzungen in den vergangene­n Jahren immer öfter mit Waffen ausgetrage­n werden, wie das Bundeskrim­inalamt weiß.

Denn das Problem ist nicht der Bauchstich, den ein Unbeteilig­ter erleidet, der ist noch immer die absolute Ausnahme. Das Problem sind die Klappmesse­r und Eisenstang­en, mit denen vornehmlic­h (multi)ethnische Jugendgrup­pen ihre Konflikte untereinan­der austragen. Die bleiben allerdings meist unter sich. Ähnlich wie bei Gewalt im Rotlichtmi­lieu, die praktisch nie Kollateral­schäden hervorruft, selbst wenn Etablissem­ents abgefackel­t werden.

Ziel muss es natürlich sein, auch jungen Afghanen und Tschetsche­nen klarzumach­en, dass sie bei Waffeneins­atz mit dem Leben spielen – mit dem des Opfers und indirekt ihrem eigenen. Mit Panik wird man da aber nicht weit kommen.

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