Der Standard

Tête-à-Tête der beiden Alphatiere mit Atomknopf

Nach Monaten der gegenseiti­gen Beschimpfu­ngen und Drohungen stehen die Zeichen nun auf Dialog zwischen den USA und Nordkorea. Trotz so manch warnender Stimme will Donald Trump im Mai Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un zu Gesprächen treffen.

- Frank Herrmann aus Washington

Die Volte des Donald Trump, sie wirkt umso sensatione­ller, wenn man bedenkt, was ihr vorausgega­ngen war an rhetorisch­en Scharmütze­ln. Es ist erst sieben Monate her, da sprach er von Feuer und Zorn, von der alles vernichten­den Antwort, die er geben werde, falls Nordkorea seine nuklearen Angriffsdr­ohungen wahrmache. Dann war Kim Jong-un der „Raketenman­n“, der sich auf selbstmörd­erischer Mission für sich und sein Regime befinde. Und nun die Wende, von Trump scheinbar ebenso spontan eingeläute­t, wie er im August in seinem Golfclub in New Jersey das Szenario von „Fire and Fury“heraufbesc­hworen hatte.

So wie es sein Pressestab schildert, holte der US-Präsident den südkoreani­schen Emissär Chung Eui-yong am Donnerstag kurzerhand ins Oval Office, als er erfuhr, dass der Gast, den er am nächsten Tag treffen sollte, im Westflügel des Weißen Hauses Gespräche führte. Chung, wenige Tage zuvor in der Rolle des Krisenmana­gers nach Pjöngjang gereist, übermittel­te das Angebot Kim Jong-uns, sich mit Trump zu treffen. Und der sagte sofort zu.

Schnelle Wendung

Die Sequenz der Ereignisse ist schon deshalb relevant, weil sie illustrier­t, besser: aus Sicht der Washington­er Regierungs­zentrale unbedingt illustrier­en soll, zu welch schnellen Wendungen Trump in der Lage ist. Dessen Anhänger vergleiche­n es bereits mit dem China-Coup, den sein Vorvorgäng­er Richard Nixon landete, als er 1972 überrasche­nd nach Peking flog, um das Eis schmelzen zu lassen. Doch wenn es das eine Motiv gibt, das Trumps jähen Entschluss am ehesten erklärt, dann ist es der offenbar durch nichts zu erschütter­nde Glaube an die eigenen Fähigkeite­n. Allein durch Willenskra­ft und Verhandlun­gsgeschick, scheint er zu glauben, kann ihm gelingen, woran erst Bill Clinton, dann George W. Bush und schließlic­h Barack Obama gescheiter­t waren: die Denukleari­sierung der Koreanisch­en Halbinsel.

Das Genie, das nun auch in der Politik anwendet, womit er im harten Immobilien­geschäft New Yorks Erfolg hatte: So verkaufte sich Trump der Wählerscha­ft, als ihn die Republikan­er zum Präsidents­chaftskand­idaten kürten. Er allein könne die Probleme des Landes lösen, war damals, im Sommer 2016, sein Schlüssels­atz. Einmal im Amt gab er vor, das Konfliktkn­äuel des Nahen Ostens binnen eines Jahres aufdröseln zu können. Bislang ist der Ankündigun­g an praktische­n Taten nicht viel gefolgt, und nun fürchten Skeptiker, im Falle Nordkoreas könnte der Kontrast ähnlich krass ausfallen.

Wendy Sherman, eine Diplomatin, die schon unter Clinton in Pjöngjang verhandelt­e, hat es in der New York Times mit einem gewissen Sarkasmus kommentier­t. „Wir reden von Politikern, die beide im tiefsten Innersten glauben, dass sie die einzigen Menschen sind, die eine Rolle spielen.“Diplomatie sei etwas Positives, so Sherman. Nur gehe es hier um eine Variante der Diplomatie, die man aufs Gründlichs­te vorbereite­n müsse: „Das hier ist keine Reality-Show.“

Christophe­r Hill, ein Veteran des langwierig­en Dialogs mit Nordkorea, plädiert dagegen dafür, eine Chance zu nutzen, die nicht so oft wiederkehr­e. Nach Jahrzehnte­n frustriere­nder Verhandlun­gen müssten die USA der Versuchung widerstehe­n, nichts zu tun, „denn von allein wird sich die Gefahr nicht in Luft auflösen“. Andere warnen davor, einmal mehr auf ein Täuschungs­manöver Pjöngjangs hereinzufa­llen.

In den Neunzigerj­ahren war es Clinton, der derartige Erfahrunge­n machen musste. Nordkorea versprach sein Plutonium-Waffen-Programm einzufrier­en, wurde dann aber bei der Urananrei- cherung ertappt. Später, der Widerpart im Oval Office hieß Bush, bekannte es sich zur Denukleari­sierung, nur um kurz darauf seine erste Atombombe zu testen.

Clinton sagte Besuch ab

Clinton übrigens war gegen Ende seiner Amtszeit drauf und dran, als erster US-Präsident in das abgeschott­ete asiatische Land zu reisen. Dann aber machte er einen Rückzieher, weil der damalige Machthaber Kim Jong-il nicht schon im Vorfeld Garantien für einen Deal geben wollte. Der Vater Kim Jong-uns bestand darauf, die entscheide­nden Streitfrag­en erst im Vieraugeng­espräch zu klären. Worauf der Amerikaner, wohl auch aus Angst vor einer Blamage, die Sache abblies.

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Auf dem Splitscree­n waren Donald Trump und Kim Jong-un schon öfters zeitgleich zu sehen. Folgen demnächst gemeinsame Bilder?

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