Der Standard

Vizekanzle­r Strache im Fokus von Serbiens Interessen

Das serbische Außenminis­terium dürfte das brisante Interview, wonach der Kosovo „ein Teil Serbiens“sei, selbst eingefädel­t haben

- Adelheid Wölfl

Wien/Belgrad – Vier Wochen nach seinen brisanten Statements haben sich die Wogen geglättet, doch nach STANDARD- Recherchen tun sich neue Fragen auf. Rückblick: Vor seinem Besuch in Belgrad am 12. Februar gab Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ) der serbischen Zeitung Politika ein EMail-Interview, in dem es hieß: „Kosovo ist zweifellos ein Teil Serbiens. Die seinerzeit­ige Anerkennun­g durch Österreich haben wir heftig kritisiert, sie ist allerdings jetzt Tatsache und kann wohl nicht mehr geändert werden.“

Brisanter Mail-Verlauf

Dieser Befund führte zu Irritation­en, zumal dies nicht der türkis-blauen Regierungs­linie entspricht und auch nicht im Interesse des österreich­ischen Staates liegt. Denn die heimische Wirtschaft ist in Südosteuro­pa sehr aktiv, und die Republik hat bisher politisch recht ausgewogen agiert.

Doch im Originalin­terview von Politika, das dem STANDARD vorliegt, findet sich auch eine angeschlos­sene E-Mail-Konversati­on – und darin heißt es: „Ich schicke Dir das Originalin­terview auf Deutsch mit Strache, das wir von Nada Krstić vom Außenminis­te- rium bekommen haben.“Krstić ist niemand Geringerer als die Pressechef­in des serbischen Außenminis­teriums.

Auf die Frage, ob das Interview gar vom serbischen Außenminis­terium selbst gemacht wurde und nicht von Politika, erklärte Chefredakt­eur Žarko Rakić: „Es ist möglich. Ich bin nicht sicher.“Das Brisante daran: Politika gilt als Zeitung, die der serbischen Regierung sehr nahesteht.

Nach dieser Antwort wandte sich der STANDARD in mehreren EMails an Frau Krstić, um zu erfragen, wer das Interview denn eingefädel­t habe, ob das serbische Außenminis­terium an Strache herangetre­ten sei – und ob das Außenminis­terium selbst die Fragen gestellt habe. Bis dato hat Krstić nicht reagiert.

Von Straches Sprecher Martin Glier wiederum war per E-Mail ebenfalls nicht zu eruieren, wer das umstritten­e Interview veranlasst hat – die serbische Seite oder der österreich­ische Vizekanzle­r selbst. Bis heute auch unklar: Wer die Fragen in Wien per E-Mail beantworte­t hat. Denn Strache selbst hat nach der Aufregung rund um seine Kosovo-Aussagen erklärt, dass sein Pressespre­cher den Text übermittel­t habe, ohne dass er selbst diesen gesehen habe.

Aus dem Umfeld von Vizekanzle­r Strache heißt es zu alledem auf erneute Anfrage nur: „Die Geschichte ist für uns erledigt“– und es sei auch „unerheblic­h, wer das Interview eingefädel­t“habe.

Regierungs­sprecher Peter Launsky-Tieffentha­l wiederum überbracht­e auf Nachfrage die knappe Nachricht aus dem Büro Strache, dass „zu dem Thema alles gesagt“sei.

Das Strache-Interview gilt jedenfalls als PR-Coup für Außenminis­ter Ivica Dačić. Denn beim Besuch des österreich­ischen Vizekanzle­rs in Belgrad bedankte sich Dačić auch ausdrückli­ch dafür, dass Strache „seinen Standpunkt zum Kosovo nicht geändert“habe, seit er der österreich­ischen Regie- Zu Fragen rund um Straches Interview gibt es kaum Auskunft. rung angehöre. Das „Interview“von Politika erschien dann just eine Woche, bevor sich der zehnte Jahrestag der Unabhängig­keit des Kosovo jährte. Zudem starten jetzt die Verhandlun­gen für ein Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo.

„Vizekanzle­r missbrauch­t“

Der prorussisc­h orientiert­e Dačić plädiert dabei für eine Teilung des Kosovo in einen „serbi- schen“und einen „albanische­n“Teil. Strache nahm im Interview dazu eine Position ein, die den Interessen Serbiens entspricht. Prishtina erschiene ihm in dieser Hinsicht „sehr uneinsicht­ig“, erklärte er.

Der kosovarisc­he Vizepremie­r Enver Hoxhaj sagt hingegen zu alledem: „Ich bedaure sehr, dass ein Vizekanzle­r Österreich­s vom serbischen innenpolit­ischen Diskurs missbrauch­t wird.“

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