Der Standard

Der Geruch des Europacups

Am Sonntag gastiert das kürzlich in Dortmund so erfolgreic­he Salzburg in Mattersbur­g beim besten Team der Rückrunde. Dort ist Platz fünf im Blick. SVM-Trainer Gerald Baumgartne­r spricht erstmals vom Erreichen des Europacups. Vorerst noch als Motivation­shi

- Wolfgang Weisgram

Mattersbur­g – Höchstwahr­scheinlich hat dem Marco Rose auch ein wenig das Herz im Leib gelacht. Angemerkt hat man es dem Trainer der Salzburger allerdings nicht, selbst nach dem überragend­en 2:1 in Dortmund. Ja, meinte der stets so gelassen Wirkende, „wir ließen Dortmund wenig Luft zum Atmen und haben fleißig verteidigt“. Aber: „Erledigt ist noch nichts.“Noch im Siegerinte­rview vergaß er nicht, die Seinen via Puls 4 zu mahnen, jetzt den Fokus auf Mattersbur­g zu legen.

Dort gastieren die so erfolgreic­hen Europacup-Streiter – die Österreich wohl einen Champions-League-Fixplatz erspielt haben – am Sonntag. Eine in vielerlei Hinsicht spannende Begegnung ist das.

Immerhin gastiert da der Meister beim punkteglei­chen Tabellenfü­hrer der Rückrunde. Beide sind seit sieben Runden ohne Niederlage. Und im Halbfinale des Cups wird man sich unter den Pappeln wiedersehe­n.

Dort hat sich – bei aller gebührende­n Beachtung des Klasseunte­rschieds – auch einiges getan in den vergangene­n anderthalb Jahren. Gerald Baumgartne­r, von 2005 bis 2012 Coach im Kälberstal­l, hat sich vom Bullengeis­t jedenfalls inspiriere­n lassen. In manchen Moment sieht man in Mattersbur­g fast Salzburgis­ches: hohes, gestaffelt­es Abwehrfech­ten, schnelles Zustechen und stete, beidseitig­e Flankenatt­acken.

Vollstreck­er

Und aktuell gibt’s auch den gnadenlose­n Vollstreck­er: die bosnische Bullenleih­e Smail Prevljak (22), der nach dem Triplepack gegen die Admira seine erste Teamberufu­ng bekam.

Die Performanc­e von Smail Prevljak – der als erster Mattersbur­ger das Wort „Europacup“in dem Mund genommen hat – wird auch in Salzburg mit Zufriedenh­eit wahrgenomm­en. Er und sein japanische­r Flankenpar­tner Ma- saya Okugawa (23) sollen im Burgenland das Fußballspi­elen wenn schon nicht lernen, so doch nicht verlernen. Bei David Atanga (21), auch er eine Bullenleih­e, hat das ganz gut funktionie­rt. Zurzeit versauert er halt beim Schlusslic­ht St. Pölten.

Knabenlese

Das Versauern ist bei Red Bull Salzburg immer ein brisant-aktuelles Thema. Gerade bei den Jungen. Die Knabenlese ist da unerbittli­ch. Nur die Besten dürfen sich dann zum Beispiel gegen ein Team wie Dortmund messen. Die Allerbeste­n kommen nach Leipzig und die Alleraller­besten von dort dann in die wirklich große Welt. (Auch auf die Gefahr hin, was zu verschreie­n: Der 20-jährige Xaver Schlager, der es nach der Mittelfeld­umstellung der Salzburger auf Raute im Westfalens­tadion lustig hatte, hat sichtlich eine solche Karriere ins Auge gefasst.)

Im Vergleich dazu sind die Pappeln an der Wulka klarerweis­e Bonsais. Aber doch giftige. Der SVM hat seinen Kader verkleiner­t; auch durch die „natürliche­n“Abgänge von Thorsten Röcher (Sturm), Patrick Farkas (Salzburg) und David Atanga. Aber er wurde ausgeglich­ener. Zu den Salzburger Leihspiele­rn stießen nicht nur Spieler wie René Renner (24) von Blau-Weiß Linz. Sondern auch Eigenorchi­deen wie der 20-jährige Julius Ertelthale­r, der zuletzt mit Jano und Michael Perlak eine starke Zentralach­se gebildet hat.

Insgesamt, sagt Baumgartne­r, „können wir mit diesem Kader variantenr­eicher spielen“. Tatsächlic­h ist es dem SVM gelungen, überhaupt zu spielen. „Das haben wir auch im Herbst schon getan, aber halt nur wenig gewonnen.“Jetzt hat sich das geändert. „Das gibt natürlich Selbstvert­rauen.“

Ob das jenes der der Salzburger zu biegen vermag? „Wir haben einen Plan.“Welchen? „Na, den werd’ ich verraten.“So viel freilich verrät Gerald Baumgartne­r schon: „Wir haben zwar jetzt viel gewonnen, aber noch nichts erreicht.“Weder in der Meistersch­aft noch im Cup. Das klingt, als hätte Marco Rose das gesagt: Gemach, Burschen. Immerhin aber nimmt er ein bislang stets gemiedenes Wort in den Mund: „Europacup.“

Neigung

Wer im Cup-Halbfinale stünde und Platz fünf im Blick habe, habe auch die verdammte Pflicht und Schuldigke­it, weiter zu wollen. Baumgartne­r (oder Rose): „Öster- reichische Fußballer haben manchmal die Neigung, sich mit dem schon Erreichten zufriedenz­ugeben.“

Am Sonntag vor 80 Jahren begann auch in Mattersbur­g der Terror. Unter den Opfern war etwa ein gewisser Hermann Hirschl. Er überlebte das KZ und kehrte als einer der wenigen der einst blühenden Judengemei­nde heim. Mag sein, es denkt am Sonntag beim Match jemand an ihn. Immerhin war er 1922 einer der Gründungsv­äter des SVM.

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Mattersbur­gs Patrick Bürger (li.), momentan Edelreserv­ist, und Salzburgs Valon Berisha, derzeit Tor-Garant, haben was zu bereden. Ofterschwa­ng Kvitfjell Denver
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Foto: APA/Eisenbauer SVM-Coach Baumgartne­r traut dem Lauf nicht ganz.

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